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Produktivität & Prokrastination

Den Themen Produktivität, Prokrastination und Motivation werde ich mich in Zukunft häufiger widmen, da diese, wie allgemein bekannt, Dauerbrenner sind und nicht mit einem einzigen Beitrag abgedeckt werden können. Hier nun meine ersten Ideen zum Umgang mit diesen drei Thematiken:

Prokrastination als Strategie

Vielfach kann die viele Arbeit, die eine Lehrkraft zu erledigen hat, äußerst demotivierend sein. Oftmals ist dann die erste Strategie, sich mit etwas völlig unsinnigem abzulenken. Aber dabei ist dies nichts anderes als eine „Strategie“, die einen dabei gleichzeitig in keinerlei Weise voranbringt. Zusätzlich stresst dies noch mehr, da der Stapel an Arbeit ja nicht kleiner wird, der Zeitpunkt, bis zu dem dieser aber abgearbeitet werden soll, gleichzeitig aber immer näher rückt.

Während man also eine Folge der eigenen Lieblingsserie nacheinander schaut oder die ganze Wohnung putzt, weil Putzen plötzlich so viel interessanter wirkt als zum Beispiel die anstehende Korrektur, tut man selbstverständlich nicht das, was eigentlich dran ist. Kann man aber wirklich die eigene Lieblingsserie genießen? Im tiefsten Inneren nicht: Unterschwellig ist einem doch bewusst, dass kein Weg um diese Arbeiten herumführt. Dass die Wohnung nach der Reinigung super sauber aussieht, gibt einem vielleicht das Gefühl, super produktiv gewesen zu sein, da man ja körperliche Arbeit verrichtet hat, aber geholfen hat einem das nicht bei der Bewältigung der Stapel an Korrekturen. Diese Strategie der Arbeitsumgehung nennt sich Prokrastination oder mitunter umgangssprachlich auch „Aufschieberitis“. 


Ein kleiner Exkurs zur Begriffserklärung:

Prokrastination leitet sich von dem lateinischen Wort procrastinatio ab, was für Aufschub oder Vertagung steht. Dieses setzt sich aus dem Präfix pro vor oder vorwärts – und dem Substantiv crastinum zusammen. Letzteres bedeutet morgiger Tag, was ich als sehr beachtenswert empfinde, da es ja genau dies ausdrückt. Man verschiebt Dinge auf später, mitunter sogar auf den nächsten Tag. Frei nach dem Motto: „Was du heute kannst besorgen, das verschieb auf übermorgen.“, wie das ursprüngliche Sprichwort inzwischen mitunter umformuliert wird, um sich gegen den steten Drang zu wehren, alles direkt erledigen zu sollen/müssen. 


Das Paradoxe an der Prokrastination

Das Thema Prokrastination beschäftigt mich so sehr, dass ich während meines Auslandssemesters in England sogar einen Workshop zu diesem Thema besucht habe. Titel: „The Procrastination Paradox“. Dieser öffnete mir insofern die Augen, als dass ich dadurch begriff, woher mein Hang zum Aufschieben kam bzw. kommt. Oftmals ertappte ich mich zu jener Zeit (und natürlich geschieht dies auch heute noch, aber zum Glück etwas weniger) dabei, dass ich sinnlos durch Internetseiten oder die Fotogallerie meines Handys scrollte oder eine Episode einer Serie nach der anderen anschaute (das binch watching). Sobald ich dann die eigentlichen Aufgaben für das Studium wirklich nicht mehr länger aufschieben konnte, setzte ich mich dann völlig gestresst an die Arbeit, aber ohne wirklich zu wissen, wo ich denn anfangen sollte.

Die Inhalte des Workshops machten mir deutlich, woher denn nun dieser Hang zur Prokrastination kam. Eigentlich liegt die Ursache viel tiefer, nämlich in meinem Hang zum Perfektionismus. Man möchte zwar meinen, dass dies eher wie ein Widerspruch wirkt, aber tatsächlich hängt beides sehr stark miteinander zusammen. Das liegt daran, dass Menschen, die ihre Arbeit gerne perfekt ausführen möchten, bereits vorab wissen, dass dies nicht möglich ist. „Perfekt“ gibt es nämlich nicht; es gibt immer etwas zu verbessern.

Und eben dieser Punkt führt dazu, dass man gar nicht erst anfängt. Denn man kann die selbstgesteckten Ziele ja sowieso nicht erreichen. Je länger man jedoch wartet, desto weniger kann man diesen überhaupt nahekommen. Gleichzeitig versucht man sich einzureden, dass einem eigentlich nur die rechte Motivation fehlt und man nur warten müsse, bis diese sich einstellt. Dazu kommt es aber in der Regel nicht. Da hilft auch die tollste Motivationsmusik (Stichwort: Eye of the Tiger der Band Survivor) nichts.

Was tun für mehr Produktivität und gegen die Prokrastination?

Aller Anfang ist schwer…

Was also tun? Das einfachste Mittel ist: anfangen! Wenn man sich verdeutlicht, dass man beispielsweise eine Aufgabe immer noch überarbeiten kann, um sie zu perfektionieren (Dabei ist nicht wichtig, dass es, wie gesagt, keine Perfektion gibt…), dann kann dies bereits helfen. Und je früher dies geschieht, desto besser. Dies gilt nicht nur für Hausarbeiten in der Universität, sondern auch für die Planung und das Erstellen von Unterrichtsmaterialien. Auch im Schulwesen gibt es kein perfektes Material. Das Wichtigste ist eigentlich, dass das Material das tut, wofür es geplant wurde, wie beispielsweise die Vermittlung eines Themas. Tut es dies nicht, so hilft auch kein Schnörkel oder Smiley in einer Ecke des Blattes. Sich dies klarzumachen und auch dem eigenen Kopf zu verdeutlichen, ist nicht ganz leicht, jedoch hilft es ungemein.

Es wirkt insbesondere bedrohlich näherrückender Deadlines entgegen, da nunmal schon frühzeitig angefangen wurde. Zwar gibt es im Schulalltag nicht allzu oft Deadlines, dennoch ist es auch wichtig, dass die Materialien bis zur jeweiligen Schulstunde fertig sind. Auch dies ist eine Deadline. Und je weniger man kurzfristig fertig wird, desto besser. Auch für das eigene Wohl.

Nichts ist schlimmer, als noch abends an einer Stundenplanung zu sitzen, die man die ganze Zeit aufgeschoben hat und nun sollen einem spontan 1000 Ideen einfallen, um eine grandiose Stunde zu erstellen, die die Schüler*innen mitreißt und ein voller Erfolg ist. Wie soll das bitte auf die Schnelle gehen? Allgemein plant es sich unter Druck sowieso äußerst schlecht. Also, lieber frühzeitig anfangen und später noch etwas hinzufügen, als auf den letzten Drücker zu planen. Sonst führt dies doch wieder zu einer gewissen Demotivation, da nicht das gewünschte Ergebnis erzielt werden konnte. Und der Teufelskreis beginnt erneut…

Ein Mittel, um anzufangen 

Mitunter gilt es, das eigene Gehirn zu überlisten und es auf diese Weise zum Arbeiten zu bringen. Was damit gemeint ist, ist folgendes:

Mitunter ist unsere Denkweise so festgefahren, dass wir uns geradezu dagegen sträuben mit der Arbeit anzufangen. Je länger wir dies tun, desto schwieriger wirkt ein Beginn. Reden wir uns jedoch ein, dass wir nur ein wenig tun, so kann dies dauerhaft zu großen Resultaten führen. Dies ist beispielsweise durch die Pomodoro-Technik möglich. Bei dieser Technik handelt es sich um ein Arbeiten in Zeitblöcken. 


Ein kleiner Exkurs zur Begriffserklärung:

Laut dem Erfinder der Pomodoro-Technik, Francesco Cirillo, hilft diese Arbeitsweise dabei anstatt gegen die Zeit zu kämpfen mit dieser zu arbeiten. Der Name stammt daher, dass dieses System auf dem Zeitstoppen anhand eines Küchenweckers beruht. Diese Kurzzeitwecker kommen oftmals in Form einer Tomate daher, was auf Italienisch pomodoro bedeutet. Es wird empfohlen, in 25 Minuten-Blöcken zu arbeiten, dann jeweils eine Pause von beispielsweise 5 Minuten einzulegen, bevor weitergearbeitet wird. Nach vier derartigen Blöcken sollte dann eine längere Pause eingelegt werden, bevor das Ganze wiederholt wird.


Das schöne an dieser Methode ist, dass man oftmals automatisch mehr arbeitet, wenn man erstmal angefangen hat. Wie gesagt, basiert die ursprüngliche Technik auf 25 Minutenblöcken, jedoch habe ich oftmals gemerkt, dass ich so in einem Arbeitsfluss war, dass ich dann doch länger als die angesetzten 25 Minuten gearbeitet habe. Aber genau das ist ja das Ziel: Es geht darum, erstmal anzufangen und dann bestmöglich in einen Arbeitsfluss zu gelangen, der einen dann weiterarbeiten lässt.

Wie ich in meinem vorherigen Post über meine Arbeitsmethoden erwähnt habe, habe ich persönlich diese Arbeitsweise nicht in meinen Schulalltag integrieren können, da dieser dafür oftmals doch zu unvorhersehbar ist und ich Pausen, die ich beispielsweise für Korrekturen verwenden kann, einfach nutzen muss, wenn sie da sind. Da schaffe ich es nicht, diese dann gedanklich oder mithilfe eines Planers in Zeitblöcke zu unterteilen. Für die Zeit nach dem Unterricht oder die Arbeit am Wochenende ist dies jedoch ein hervorragendes Mittel, um sich selbst zum Arbeiten zu „überreden“. 

Zwei Mittel, um aufzuhören

Wie zuvor beschrieben, trägt auch der Perfektionismus mitunter Mitschuld an der Prokrastination. Somit kann ein Mensch, der nach Perfektion in seiner Arbeit strebt, stetig weiterarbeiten und wird doch nie zufrieden sein, da die Perfektion, wie berichtet, nunmal nicht existiert. Eigentlich gibt es immer etwas zu meckern und zu ändern, selbst dann noch, wenn man wochenlang an diesem Projekt gesessen hat. Und wenn man vielleicht endlich zufrieden ist, so kommt vielleicht dennoch Kritik von außen, da sich über Geschmack nunmal nicht streiten lässt. Es ist also wichtig auch zu verstehen, wie man ein Ende findet, welches einen (zumindest einigermaßen) zufrieden stellt. 

Parkinsons Gesetz

Hierfür bietet sich zum einen „Parkinsons Gesetz“ an, das von dem britischen Historiker, Soziologen und Publizisten Cyril Northcote Parkinson (Nein, dies ist nicht der Namensgeber der Krankheit.) beschrieben wurde. Dieses besagt: “Work expands so as to fill the time available for its completion.“ Gemeint ist, dass wir genauso viel Zeit für eine Aufgabe benötigen, wie wir ihr zuerteilen.

Wenn also beispielsweise für die Korrektur von Klassenarbeiten zwei Wochen zur Verfügung stehen, dann benötigen wir in der Regel auch zwei Wochen. Dies ist aber genau der Denkfehler: Wir sollten nicht bis zur letzten Minute mit einer Aufgabe rumhökern, sondern diese so schnell wie möglich erledigen. Es ist okay, wenn wir nicht jeden Fehler in einer Klassenarbeit entdeckt haben. Einmal lesen reicht in der Regel. Wenn wir zulange auf einer Aufgabe verweilen, dann kommen wir nie voran. Es gilt somit, sich eigene Deadlines zu setzen, die deutlich vor der offiziellen Deadline bestehen. Und diese sollten auch möglichst eingehalten werden. Gleichzeitig sollte man sich selbst auch ein klares Zeichen setzen, wann aufgehört werden sollte. Es kann immer etwas verbessert werden, aber irgendwann reicht es auch mal.

Das Paretoprinzip

Eine weitere Methode, um sich zum Aufhören zu bewegen, ist das Paretoprinzip (auch Pareto-Effekt oder 80-zu-20-Regel genannt), benannt nach dem italienischen  Ingenieur, Ökologen und Soziologen Vilfredo Pareto. Dieses besagt, dass 80% der Ergebnisse aus 20% des Aufwandes resultieren. Für die restlichen 20% müssten dabei dann nochmal 80% des gleichen Aufwandes betrieben werden.

Natürlich stimmt diese Rechnung nicht in jeder Situation, aber das Grundprinzip ist auch im Lehreralltag dennoch richtig: Man sollte lernen, für sich auch mal Schluss zu machen mit der Arbeit. Ich selbst bin super talentiert darin, über Stunden – ich meine wirklich Stunden – nach dem „perfekten“ Bild für meinen Unterricht zu suchen, dabei schauen sich die Schüler*innen dieses vielleicht später kaum an. Was ist also der Mehrwert, wenn ich nach zehn Minuten Recherche weitersuche? Oftmals hat man dann schon etwas gefunden, was ausreicht, um die zu vermittelnde Information darzustellen oder um den Schüler*innen genügend Möglichkeiten zur Bildbeschreibung etc. zu bieten. 

Fazit

Insgesamt gilt es als Lehrkraft, dass es wichtig ist, so früh und so schnell wie möglich mit den zu erledigenden Aufgaben fertig zu werden, ohne sich zu sehr in den Details zu verlieren. Im Lehrberuf ist man eigentlich nie fertig und genau das ist oftmals das Problem: Man kann immer noch etwas hinzufügen, verbessern, verändern, erstellen etc. So hat man aber praktisch nie Freizeit. Aus diesem Grund hoffe ich, dass die genannten Methoden beziehungsweise Strategien Ihnen zumindest ansatzweise bei der Bewältigung von Aufgaben helfen kann.

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