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Wenn die Schule sehr viele Kilometer entfernt liegt…

Pendeln mit dem Zug

Sowohl während meiner Ausbildung zur Lehrerin als auch im Verlauf meiner bisherigen Karriere als Lehrperson habe ich bereits mehrfach das Pendeln dem Umzug in eine andere Stadt vorgezogen. Teil meines Lehramtsstudiums an der Universität Bremen war ein Praxissemester an einer dortigen Schule. Von Hamburg aus pendelte ich also stetig dorthin. Auch während meines Vorbereitungsdienstes pendelte ich hin und wieder zu meiner Ausbildungsstätte. Nach Abschluss meines Referendariats arbeitete ich nach meinem ersten Auslandsaufenthalt zeitweise in Niedersachsen und pendelte auch dorthin. Im Folgenden möchte ich von meinen Erfahrungen sprechen und wie ich aus meiner heutigen Sicht zum Pendeln zur Schule stehe. Dabei spreche ich hier mit Absicht nicht über das Pendeln als Student*in, da man hier kaum oder bedeutend weniger mit ernsthaften Konsequenzen rechnen muss, sollte man beispielsweise durch Zugprobleme zu spät kommen.

Die Vorteile des Pendelns

Trennung zwischen Arbeits- und Wohnort

Was ich oftmals als recht angenehm am Pendeln empfunden habe war, dass man auch mal Ruhe vom Alltag hatte. Gerade durch das Leben in einer anderen Stadt, kann man sicher sein, im Privaten nicht andauernd auf die eigenen Schüler*innen und/oder deren Eltern zu treffen. So nett diese Menschen vielleicht auch sein mögen, so sehr bevorzuge ich es, wenn ich nicht jederzeit unter Beobachtung stehe. Auch hatte ich durch diese deutliche Trennung zwischen dem Arbeits- und dem Wohnort wirklich das Gefühl, besser von der Arbeit abschalten zu können.

Gleichzeitig muss man den gewählten Wohnort bzw. die Heimat nicht aufgeben. Wenn dort auch die eigene Familie und/oder Freunde wohnt/wohnen, so muss man sich hier nicht zwischen beidem entscheiden, sondern kann diese dennoch stetig sehen. 

Produktivität und Fokus

Mir fiel es in der Vergangenheit nicht immer unbedingt leicht, meine Aufgaben sinnvoll zu organisieren. Aus diesem Grund erschien es mir oftmals so – und auch rückblickend habe ich nach wie vor diesen Eindruck -, als wäre ich unterwegs im Zug bedeutend produktiver und fokussierter gewesen als zu Hause am Schreibtisch. Mir hat das Pendeln also auch geholfen, um mich besser zu konzentrieren. Dies liegt auch daran, dass es hier weniger Ablenkungsmöglichkeiten gibt. Gleichzeitig ist es natürlich auch wichtig, diese Zeit so gut es geht zu nutzen. Es ist also unerlässlich, in dieser Zeit nicht herumzutrödeln. 

Die Nachteile des Pendelns

Wo Vorteile sind, da gibt es selbstverständlich auch Nachteile.

Kosten und Schlaf

Neben den Kosten, die für das Pendeln draufgehen, selbst wenn man diese später von der Steuer absetzen kann, sobald man im Berufsleben steht, war das Pendeln für mich insbesondere ermüdend. Speziell dann, wenn ich bereits um 8:00 Uhr unterrichten sollte, war dies der Fall. Die Züge um diese Zeit fahren weniger regelmäßig. Deshalb musste ich oftmals bereits so früh in Hamburg abfahren, dass ich kaum auf eine ausreichende Stundenzahl an Schlaf kam. 

Freizeitleben

Das wirkte sich negativ auf mein Freizeitleben aus,denn um den morgendlichen Zug nicht völlig übermüdet zu nehmen, musste ich oftmals bereits um 20 Uhr oder spätestens 21 Uhr im Bett liegen bzw. eigentlich auch schon schlafen. Abends konnte ich mich also nicht noch mit Familie und Freunden*innen treffen. Schließlich musste ich am Folgetag bereits wieder früh raus. Auch nachmittags musste ich das Pendeln mit einberechnen. Hatte ich bereits um 16 Uhr Schluss, so konnte ich den Nachmittag dennoch nicht genießen. Stattdessen verbrachte ich diesen im Zug und kam so erst am frühen Abend zu Hause an. Auch auf meine sportlichen Aktivitäten hatte dies negative Auswirkungen, da mir auch hierfür weniger Zeit zur Verfügung stand. 

Stress

Oftmals erreichte ich mein Ziel (Hamburg) auch im erschöpften Zustand. Da mir ja aber nur ein kleines Zeitfenster zwischen der Ankunft zu Hause und dem erneuten Zubettgehen zur Verfügung stand, musste ich mich ja aber fast gleich wieder an den Schreibtisch setzen. Somit war an ein wirkliches Nachholen des fehlenden Schlafs kaum zu denken. Ich hatte das Gefühl, dass ich durch das Pendeln (und zudem vielleicht auch eine mangelnde Organisation) stetig mit meinen Arbeiten hinterher hinkte. Der stetige Stress, dies dann vielfach am Wochenende nachholen zu müssen, tat mir natürlich nicht besonders gut.

Mangel an Spontaneität

Wenn man mit dem Zug pendelt, so kann man auch nicht spontan schneller nach Hause fahren, weil man beispielsweise 15 Minuten früher Schluss hat. Man kann nämlich kaum spontan agieren. Auch während einer Pause kann man nicht mal eben nach Hause gehen/fahren. Wird man vor Ort krank, ist es schwer, in diesem Zustand nochmal nach Hause fahren zu müssen, obwohl man sich eigentlich einfach nur hinlegen möchte. So ist es mir nämlich ergangen.

Zugausfälle und andere Probleme

Nicht vergessen darf man auch die Probleme, die Zugausfälle/Staus oder andere Unterbrechungen bereiten. Während des Studiums hatte ich diesbezüglich kaum Schwierigkeiten. Danach dafür aber umso mehr. Gerade dann, wenn die eigene Klasse auf einen wartet und man keinerlei Ahnung hat, wann die Fahrt weitergehen wird, bereitet einem dies nur Scherereien. Selbstverständlich habe ich während meines Praxissemesters und des Referendariats nicht permanent unterrichtet sondern auch hospitiert. Aber auch das war vorher abgesprochen und so war ein Zuspätkommen unangenehm.

Das Gefühl der Zeitvergeudung

Mitunter entwickelte sich in mir auch das Gefühl, meine Zeit mit dem Fahren und warten auf den Zug oder dem jeweiligen Verkehrsmittel zum Zug zu verschwenden. Schließlich befanden sich mein zu Hause und meine jeweilige Arbeitsstätte nicht direkt am Bahnhof. Mitunter verbrachte ich auch mehr Zeit mit dem Pendeln als in der Schule bzw. dem eigentlichen Unterrichten. Das empfand ich oftmals als sehr ernüchternd. 

Vor der Teilnahme an freiwilligen Aktivitäten in der Schule überlegte ich mir vielfach, wieviel Zeit ich durch die Fahrtzeit verlieren würde. Schließlich musste ich meine arbeitsfreie Zeit gut einplanen. Das ist schon schade, dass dies meine Freude an manchen Aktivitäten mitunter trübte. (Laut der Aussage einer ehemaligen Dozentin soll ein Pendeln zwischen Nord und Süd sogar weniger anstrengend sein als zwischen Ost und West, wo es weniger direkte Zugverbindungen geben soll.) 

Empfehlungen: Organisation und „Ausrüstung“

Gute Planung

Wer pendelt, der muss die eigene Arbeit sehr sinnvoll organisieren. Noch viel mehr als es der Arbeitsalltag einer Lehrkraft so schon verlangt. Dies liegt insbesondere an der für das Reisen zum Arbeitsplatz und zurück benötigten Zeit. Fährt man mit dem Auto, so kann man selbstverständlich während der Zeit höchstens Hörbücher oder ähnlich bildendes anhören. Was anderes ist hier nicht wirklich möglich. 

Ganz anders sieht dies beim Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Zug aus. Hier kann man meist leichtere Arbeiten erledigen. Einige Züge sind sogar mit ausreichend großen Tischen ausgestattet, sodass man hier sogar Aufgaben bearbeiten kann, die bedeutend mehr Konzentration benötigen. Noch besser gelingt dies selbstverständlich, wenn die Züge auch über einen Ruhebereich verfügen, der noch dazu von den Fahrgästen respektiert wird. Beispielsweise konnte ich hier meist ungestört lesen oder auch am Laptop arbeiten.

Manchmal bleiben einem nur ein paar Minuten in der Schule, bevor es wieder zum Bahnhof geht. Aus diesem Grund ist es unerlässlich, gut vorauszuplanen, was man in dieser kurzen Zeit erledigen kann, um die Wartezeit sinnvoll zu nutzen. Wirklich jeder kleine Zeitraum, der zur Verfügung steht, sollte gut verwendet werden. In fünf Minuten kann man bereits eine Email verfassen oder zumindest vorformulieren, um diese dann später abzuschließen. Auch sollte man stetig gut bedenken, wie die eigenen Arbeitsprozesse erleichtert und beschleunigt werden können. Es sollte auch stets bedacht werden, welche Unterrichtsmaterialien man benötigt, um nicht bestimmte Aufgaben auf den Folgetag verschieben zu müssen, weil man etwas in der Schule vergessen hat. Schließlich kann man ja (meist), gerade beim Fahren mit dem Zug, nicht einfach umkehren.

„Ausrüstung“

Ich kann aber auch nur empfehlen, sich mit Ohropax auszurüsten, um wirklich konzentriert arbeiten zu können. Auch halte ich es für sinnvoll, sich einen guten Laptop anzuschaffen, der dann funktioniert, wenn man diesen benötigt. So verhindert man, sinnlos Zeit zu verplempern, während derer man darauf wartet, dass das Gerät sich endlich entscheidet einsatzbereit zu sein. Das Problem hatte ich nämlich während meines Studiums und ich habe mich viel geärgert. Als ich mein erstes Geld mit dem Unterrichten verdiente, investierte ich einen Teil davon in einen besonders funktionstüchtigen Laptop und diese Anschaffung habe ich nie bereut. 

Abschließend…

Die Entscheidung zu pendeln ist selbstverständlich eine individuelle. Ob es für Sie das Richtige ist oder nicht, hängt von Ihnen persönlich ab und auch von Ihren Lebensumständen. Angesichts der Überzahl der hier aufgeführten negativen Aspekte möchte man meinen, dass ich eindeutig gegen ein Pendeln sein müsste. Dem ist jedoch nicht so. Neben all den genannten Faktoren geht es nämlich auch darum, sich mit der eigenen Entscheidung wohl zu fühlen. 

Ich hatte damals meine Gründe, mich für ein Arbeiten in einer anderen Stadt zu entscheiden. Rückblickend gibt es dennoch Momente, in denen ich denke, dass mir ein Umzug in die jeweilige Stadt vieles erleichtert hätte. Insbesondere während meines Studiums aber auch während meines Arbeitens in einer anderen Stadt als meinem Wohnort hat mich das Pendeln doch um viele Erfahrungen gebracht.

Hat man nicht stetig das Pendeln mit zu bedenken, so weiß ich heute, kann man auch für mehr Balance zwischen dem Beruflichen und dem Privaten sorgen. Schließlich gehen täglich mehrere Stunden für das bloße Fahren verloren. (Selbstverständlich bin ich mir bewusst, dass manchmal bereits das Fahren durch eine einzige Stadt am Morgen mehr als eine Stunde dauern kann.) Im Endeffekt habe ich meine Familie und Freunde ja doch nicht so oft sehen können wie gewünscht. Schließlich hatte ich nunmal abends beispielsweise nicht so viel Zeit zur Verfügung stehen wie erhofft. Was ich damals zudem oft als schade empfunden habe war, dass ich auch nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren konnte. Das hätte ich gerade an schönen Tagen doch sehr gerne getan. 

Gleichzeitig hat sich die Entscheidung, nicht aus Hamburg wegzuziehen, damals für mich jedoch als richtig erwiesen und ich fühlte mich wohler damit. Dementsprechend bereue ich diese aus heutiger Sicht nicht. Allerdings würde ich heute nicht mehr so gerne pendeln wollen. Viel zu sehr habe ich die Spontaneität zu schätzen gelernt, die ein Wohnen in der Nähe der eigenen Arbeitsstätte mit sich bringt. Gleiches gilt für eine kürzere Fahrtzeit sowie weniger Zeitdruck. 

Abbildungsverzeichnis:

Abbildung 1: „Pendeln mit dem Zug“ (Quelle: Nahverkehr Hamburg), unter: https://www.nahverkehrhamburg.de/zahl-der-pendler-von-und-nach-hamburg-steigt-deutlich-2825/ (Zugriff: 25.02.2022)

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