Im Ausnahmezustand. So und nicht anders kann ich mein Leben derzeit nur beschreiben. Der Duden definiert den Begriff Ausnahmezustand folgendermaßen: ein „außergewöhnlicher, unüblicher, eine Ausnahme darstellender Zustand“.
Worum es geht? Seit drei Wochen arbeite ich wöchentlich fast 60 (!) Stunden für die Schule. Sechzig Stunden!!! Da es aber bereits seit drei Wochen so geht, frage ich mich, ob man hier noch von einer Ausnahme sprechen kann. Denn ein Ende ist noch nicht wirklich in Sicht.
Vor zwei Wochen hat nun das neue Schuljahr begonnen. Und natürlich sind die ersten Tage wie im Flug vergangen. Dabei war neben der Frage, ob die vor den Ferien für jede Lehrkraft vereinbarten Klassenstufen eingehalten werden würden, natürlich insbesondere der Stundenplan von Interesse.
Wenn die Schule sehr viele Kilometer entfernt liegt…
Sowohl während meiner Ausbildung zur Lehrerin als auch im Verlauf meiner bisherigen Karriere als Lehrperson habe ich bereits mehrfach das Pendeln dem Umzug in eine andere Stadt vorgezogen. Teil meines Lehramtsstudiums an der Universität Bremen war ein Praxissemester an einer dortigen Schule. Von Hamburg aus pendelte ich also stetig dorthin. Auch während meines Vorbereitungsdienstes pendelte ich hin und wieder zu meiner Ausbildungsstätte. Nach Abschluss meines Referendariats arbeitete ich nach meinem ersten Auslandsaufenthalt zeitweise in Niedersachsen und pendelte auch dorthin. Im Folgenden möchte ich von meinen Erfahrungen sprechen und wie ich aus meiner heutigen Sicht zum Pendeln zur Schule stehe. Dabei spreche ich hier mit Absicht nicht über das Pendeln als Student*in, da man hier kaum oder bedeutend weniger mit ernsthaften Konsequenzen rechnen muss, sollte man beispielsweise durch Zugprobleme zu spät kommen.
Fokus. Genau hierbei handelt es sich um einen sehr wichtigen Aspekt im Arbeitsleben. Schaffen wir es, uns erfolgreich auf unsere Aufgaben zu fokussieren, so kommen wir allgemein besser mit unseren Aufgaben voran. Gleichzeitig handelt es sich hierbei jedoch auch um ein großes Problem. Schließlich sind wir von einer großen Anzahl an Dingen umgeben, die uns ablenken können. Das Internet strotzt deshalb nur so vor Ideen und Ratschlägen, um sich besser auf die eigenen Aufgaben zu konzentrieren.
Nachdem wir in der vergangenen Woche alle unsere Noten in das schuleigene System einzutragen hatten, vollzogen sich diese Woche die Notenkonferenzen. In meinem Fall bedeutete dies an drei Abenden länger in der Schule zu bleiben. Die Benotung meiner Klassen letzte Woche hat sich dabei in einigen Fällen deutlich hingezogen. So sehr, dass ich noch am Freitag der vergangenen Woche, dem Tag des Notenschlusses, Klassenarbeiten in einer Klassenstufe zu korrigieren hatte.
Die Ursachen für das Problem
Dies lag speziell daran, dass ich in diesem Jahrgang gleich drei Klassen habe (insgesamt 83 Schüler*innen) und bisher nicht kontinuierlich den Aufwand betreiben wollte, drei verschiedene Klassenarbeiten zu gestalten, um die Kommunikation untereinander zu verhindern. Da eine dieser Klassen extrem langsam ist, zog sich somit auch für die anderen zwei Klassen deren Klassenarbeit immer weiter nach hinten. Und schon hatte ich den Salat. Auch mit drei Tagen Unterschied (zwei Klassen schrieben am Dienstag, eine andere am Freitag), hatte ich die letzten Tage vor dem Notenschluss also immer noch einen Haufen Korrekturen zu bewältigen.
Auch hatte ich zu Beginn des Schuljahres doch recht lange gewartet, bis ich mit dem Schreiben von Klassenarbeiten begonnen habe. Da wir in den Oberstufenklassen mindestens drei Klausuren pro Trimester einsetzen sollen, die jeweils eine der vier Hauptkompetenzen (also Hör- und Leseverstehen sowie mündlicher und schriftlicher Ausdruck) überprüfen, bleibt meist aber gar nicht soviel Zeit. Zu Beginn hatte ich den Eindruck, dass ich die Überprüfungen dennoch gut eingeplant hatte. Womit ich jedoch nicht gerechnet hatte, war der erhebliche Unterschied zwischen den Niveaus und der Arbeitsweise der einzelnen Klassen einer jeweiligen Klassenstufe. Das hat meine Planung doch erheblich durcheinander gebracht.
Zwar habe ich es geschafft, jedoch hat mir dies erneut eine Lehre erteilt. Das ist die, nicht noch auf den letzten Drücker Klassenarbeiten schreiben zu wollen. Denn nach Abschluss der Noten, haben wir hier für jede/n einzelne/n Schüler*in einen finalen Kommentar zu schreiben, in welchem wir uns zum Arbeitsverhalten und dem Betragen im Unterricht äußern. Bei einer Anzahl von Schülern*innen von derzeit 148, brauchte ich hierfür natürlich Zeit.
Von Tag zu Tag
Da nicht alle Notenkonferenzen am selben Tag stattfanden, hangelte ich mich somit so ziemlich von einem Tag zum nächsten. Schlussendlich habe ich auch dies geschafft. Jedoch merke ich bereits seit dem vergangenen Wochenende, dass ich einfach nur ausgelaugt und geschafft bin. Das Aufstehen am Morgen war somit zuletzt mit einigem Kraftaufwand verbunden.
Glücklicherweise hatte ich meine Unterrichtsinhalte schon soweit im Voraus geplant, dass ich neben den Korrekturarbeiten usw. nicht auch noch die Unterrichtsplanung zu bewältigen hatte. Nichtsdestotrotz fühlte ich mich zuletzt soweit geschafft, dass ich mich schon für das Erteilen der Kopieraufträge kaum noch aufraffen konnte. Schließlich musste ich die erstellten Arbeitsblätter zu Hause ja noch auf einen USB-Stick ziehen. Dass mich das schon viel Energie gekostet hat, zeigt, wie ausgelaugt ich zuletzt nur noch war.
Meine Lehre aus dem Dilemma
Was ich daraus natürlich deutlich als Lehre gezogen habe, ist, dass ich nicht mehr zu lange mit den Überprüfungen warten darf. Gerade Klassenarbeiten und Klausuren, die nicht grundlegend auf den Inhalten einer Unterrichtseinheit aufbauen, müssen nicht verschoben werden, nur weil die Beendigung einer Unterrichtseinheit länger gedauert hat als geplant. Meine Klassen werden somit bereits in der kommenden und der darauffolgenden Woche Klassenarbeiten bzw. Klausuren schreiben, um den Stress meinerseits deutlich zu reduzieren. Schließlich habe ich diese Überprüfungen ja auch noch zu korrigieren.
Gerade bei zu schreibenden Texten kann das nunmal länger dauern. Dementsprechend versuche ich hier nun grundlegend etwas zu ändern. In Anbetracht dessen, dass es Lehrkräfte gibt, die bereits zwei Wochen nach Beginn des Schuljahres Klassenarbeiten schreiben, so muss ich mich diesbezüglich nicht schlecht fühlen, wenn ich ebenfalls schneller vorangehe. Zudem bleibt bei einer Einteilung des Schuljahres in Trimestern statt Semestern mit einer erhöhten Anzahl an Klassenarbeiten bzw. Klausuren pro Trimester (im Vergleich zu den Schulsystemen in den Bundesländern, in denen ich bereits unterrichtet habe) eben nicht viel Zeit, um wirklich alle Verpflichtungen zu respektieren. Und letzten Endes hängt hiervon ja auch meine Gesundheit ab. Denn einen Erschöpfungszustand wie den augenblicklichen möchte ich wirklich nicht dauerhaft erleben.
„Mit zehn Minuten Planung sparen Sie ca. eine Stunde Zeit am Tag!“ Setzt man sich mehr mit dem Thema Zeitmanagement auseinander, so stößt man unausweichlich auch auf diesen Satz. Grundsätzlich lässt sich nichts dagegen sagen, dass das bewusste Planen hilft, den Tag und die zu erledigenden Aufgaben effektiver zu strukturieren. Gleichzeitig klingt dieser Satz danach, als würde einem durch das gezielte Planen plötzlich alles viel schneller von der Hand gehen. Aus leidvoller Erfahrung kann ich sagen, dass dem unglücklicherweise nicht so ist…
Über die Zeit hinweg habe ich für mich selbst erkannt, dass ich ohne eine ausreichende Planung oftmals völlig den Überblick verliere und zum Teil mit meinen zu erledigenden Dingen hinterherhinke. Auch bemerke ich dadurch zunehmend ein Gefühl des Stresses in mir aufkeimen.
Ich habe kürzlich das Hörbuch Eat that frog! 21 great ways to stop procrastinating and get more done in less time von Brian Tracy gehört (Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel Eat that frog! 21 Wege, wie Sie in weniger Zeit mehr erreichen erschienen.).
Mitunter bitten Schüler*innen die Lehrperson darum, etwas zu verändern, beispielsweise, die Vokabelliste für den anstehenden Test zu kürzen, das Datum für eine Klassenarbeit zu ändern oder aber ein Thema völlig umzuschmeißen. Machen Sie nie den Fehler, diesem Bitten spontan nachzugeben. Allzu oft folgt im Anschluss an die Stunde die Erkenntnis, dass dies eine Fehlentscheidung war. Zu diesem Zeitpunkt kann man dies jedoch nicht mehr revidieren. Im Verlauf der eigenen Planung hat man sich schließlich etwas dabei gedacht und somit sollte man auch dabei verbleiben.
Schluss meiner sechsteiligen Zusammenfassung des Hörbuchs Deep Work. Rules for focused success in a distracted world von Cal Newport (Die deutsche Übersetzung ist unter dem Titel Konzentriert arbeiten. Regeln für eine Welt voller Ablenkungen erschienen.). Die Übersetzungen aus der englischen Sprache sind meine eigenen.
Teil II
In seinem Buch stellt Cal Newport verschiedene Regeln auf (Die ersten Regeln finden Sie im vorausgegangenen Teil meiner Miniserie.):
Regel Nr. 3: Geben Sie soziale Medien auf.
Die Aufforderung, sich von sozialen Medien loszusagen, nimmt der Autor so ernst, dass er dies sogar auf Emails ausweitet. Wir werden uns zunehmend bewusst, wie sehr diese Werkzeuge unsere Zeit fragmentieren und unsere Fähigkeit reduzieren, uns zu konzentrieren. Es gilt somit, die Kontrolle über die eigene Konzentration zurückzugewinnen. Dabei ist es nicht nötig, den Zugriff auf das Internet komplett zu beenden. Jedoch sollte zumindest der Zustand der abgelenkten, völlig übertriebenen Internetkonnektivität abgelehnt werden.