Schon vier Jahre…
Ich kann es kaum fassen: Lærari wird 4 Jahre alt! Begonnen hat mein Schreiben auf dieser Plattform mit der bloßen Idee, über die Dinge zu schreiben, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Lehrkraft lerne, entdecke, erlebe und ausprobiere, und die mir als teilwürdig erscheinen. In der Hoffnung, meinen Lesern*innen weiterhelfen zu können, aber auch für einen regen Austausch zu sorgen, veröffentlichte ich also am 17.10.2020 meinen ersten Artikel hier. Titel: „Muss ich als gute(r) Lehrer(in) mein eigenes Leben aufgeben?“. Und nun ist dies bereits vier Jahre her. Das muss natürlich besonders gewürdigt werden.
Ich habe es mir zur Gewohnheit werden lassen, in meinen Geburtstagsbeiträgen von den Dingen zu berichten, die ich seit dem vorherigen Geburtstag gelernt habe oder derer ich mir in dieser Zeit bewusst geworden bin (mehr hierzu unter: „Happy Birthday! – Lærari wird 1 Jahr alt!“ und „Happy Birthday! – Lærari wird 2 Jahre alt!“). Im letzten Jahr ist mir der dritte Geburtstag Læraris irgendwie durchgerutscht und aus mir unerfindlichen Gründen habe ich es auch nie nachgeholt, zum Anlass dieses besonderen Tages zu schreiben. Deshalb liegt es mir umso mehr am Herzen, in diesem Jahr erneut einen Geburtstagsartikel zu verfassen.
Dieses Mal fiel es mir nicht sonderlich leicht, einige zentrale Punkte zu identifizieren, die die beiden Jahre besonders geprägt haben. Zu breit gefächert waren die Themen der Artikel der vergangenen zwei Jahre. Die folgenden Elemente könnten aber wohl als die zentralsten Themen bezeichnet werden:
Pausen, Ruhemomente und der Mut zur Lücke
Schon in meinem letzten Geburtstagsartikel berichtete ich davon, dass mich seit vielen Monaten umtreibende Themen die der Erschöpfung und der mangelnden Zeit sind. Dabei mangelt es in vielerlei Hinsicht an Zeit: Zeit, sich ausreichend auszuruhen; Zeit, die eigenen Aufgaben zur persönlichen Zufriedenheit zu erledigen; Zeit für Unternehmungen und Treffen außerhalb der Schule und so weiter.
Trotz des Bewusstseins, dass mich diese Punkte schon vor Laeraris zweitem Geburtstag beschäftigten, ging es auch danach nicht anders weiter, eher schlimmer. Nicht ohne Grund habe in mindestens acht (!) weiteren Artikeln über die Themen Erschöpfung, Zeitmangel und die Suche nach Gegenmitteln geschrieben. (Hier eine Auswahl: „Wie meine Woche war? Woher soll ich das wissen?“, „Ausnahmezustand – Das Arbeiten für die Schule hat Überhand genommen“, „Wie findet man als Lehrer*in Entspannung?“, „Und dann ging gar nichts mehr…“ und „Countdown bis Weihnachten – Ruhe-Inseln gegen den Stress“).
Die Balance finden
Je länger ich als Lehrkraft tätig bin, umso mehr werde ich mir bewusst, wie wichtig Zeiten sind, in denen man völlig von der Arbeit abschalten kann. Aber wann ist das? Schließlich kann man als Lehrkraft wortwörtlich immer noch etwas tun. Wann ist man fertig? Das ist stets eine persönliche Entscheidung und genau das ist das Problem. Man muss aber irgendwann „Stop!“ sagen und damit notfalls in Kauf nehmen, dass man eben nicht das perfekte Bild, Video oder Ähnliches gefunden hat.
Wie findet man aber die Balance zwischen einem Mut zur Lücke und dem eigenen Hang zur Perfektion? Darin liegt die größte Schwierigkeit. Noch dazu wartet die Institution Schule stetig mit Überraschungen auf. Davon können wohl sehr viele Lehrer*innen ein Lied singen. Das können beispielsweise ein völlig wirrer Stundenplan, eine Abordnung oder extrem viele Vertretungsstunden sein. Deshalb ist es umso wichtiger, Grenzen zu setzen.
Gegen Energieräuber
In diesem Zusammenhang ist es auch essenziell, notfalls auch mal eine Bitte von Kollegen*innen abzulehnen, wenn es sich um eine Aufgabe handelt, die nicht zwingend notwendig ist. Selbstverständlich möchte man Andere nicht enttäuschen. Würde eine Zusage aber eine Zunahme der eigenen Erschöpfung zur Folge haben, so gilt es, abzuwägen, ob die nötigen Energiereserven zur Verfügung stehen. Denn nur dann, wenn man wirklich in Form ist, kann man seinen Beruf auch gut ausführen. Nimmt man aber stattdessen immer noch mehr Aufgaben an, gehen die persönlichen Energiereserven schnell zur Neige. Und wie wir alle wissen, zieht das Infekte an.
Der Arbeitsalltag einer Lehrkraft kann schnell zum Energieräuber werden. Bevor es zu spät ist (Stichwort: Burnout), sollte man handeln. Es heißt, Pausen einzulegen und notfalls ein ausreichendes, statt eines in unseren Augen perfekten Bildes oder Ähnlichem zu akzeptieren. In den meisten Fällen merkt man letzten Endes, dass die zweitbeste Wahl für den Unterricht immer noch ausreichend ist und genauso gut funktioniert.
Pausen sollten aber auch nicht nur so nebenbei gemacht werden. Sie sollten bewusst eingelegt werden. Nur so kann es uns gelingen, unsere Energiereserven wieder aufzuladen. Und insgesamt sollten wir es uns stetig zum Ziel machen, mit unseren Ressourcen – Energie und Zeit – hauszuhalten.
Motivation
Das Thema Motivation scheint kaum etwas mit den vorherigen Aspekten zu tun zu haben, aber doch findet sich hier eine Verbindung. Denn ein Punkt, der Lehrkräften Kopfschmerzen bereiten kann, ist der, wie man die Schüler*innen motivieren kann. Da ist es naheliegend, das Internet über Stunden zu durchforschen, um etwas Neues und total Motivierendes zu entdecken. Und damit sind wir wieder beim Punkt angelangt, wann die eigene Arbeit zu Ende ist.
Denn speziell im vergangenen Jahr hat mich die Frage umgetrieben, wie man für Motivation seitens der Schüler*innen sorgen kann. Das lag speziell daran, dass ich zwei Klassen hatte, die zwei zusätzliche Englischstunden hatten, die aber nicht benotet wurden. Noch dazu hatte eine herkömmliche Englischklasse keinerlei Motivation, auch nur im geringsten Sinne über das im Unterricht Geforderte hinauszugehen. Schöne Aktivitäten, die aber unbenotet waren, wurden komplett abgelehnt.
Mir ist hierdurch bewusst geworden, dass ich nur versuchen kann, meinen Schülern*innen immer wieder aufs Neue etwas Interessantes zu bieten. Ob sie dies dann annehmen oder nur einen minimalen Einsatz zeigen, das liegt dann an ihnen. In diesem Zusammenhang habe ich den Satz gehört, dass man ein Pferd nur zum Wasser führen, man es aber nicht zum Trinken zwingen kann. Auch wenn es enttäuschend sein kann, wenn die eigenen Lernangebote abgelehnt werden, so muss man dies doch akzeptieren lernen.
Es bringt nichts, wenn man noch mehr Stunden in die Recherche steckt – stetig auf der Suche nach dem perfekten Material, was die eigenen Schüler*innen endlich hinter dem Ofen hervorlocken wird. Wir dürfen uns nicht selbst außer Acht lassen, nur weil wir es uns in den Kopf gesetzt haben, auch den letzten Menschen in unseren Klassen zu erreichen. Wenn wir uns in diesem Versuch völlig verausgaben, werden wir letzten Endes niemandem gerecht. Und deshalb heißt es erneut, Grenzen zu setzen. Irgendwann ist es auch einfach gut.
Abschließend…
Obwohl das Thema Müdigkeit nur allzu oft in meinen Artikeln Erwähnung gefunden hat – Schon der allererste Artikel hier, hat sich mit dem Thema befasst. -, erachte ich das oben Stehende nicht als redundant. Stattdessen empfinde ich es als eine Erinnerung, dass die eigene Gesundheit und das eigene Wohlergehen einfach bedeutend wichtiger sind als Perfektion.
Anstatt den eigenen Unterricht, die Arbeit mit den Schülern*innen und deren Eltern, Testarten und so weiter immer weiter perfektionieren zu wollen und sich dabei selbst in diesem Bestreben zu verlieren, sollten wir uns damit zufrieden geben, dass wir Perfektion nicht erreichen werden und die zweitbeste Lösung in der Regel genauso gut funktioniert.
Es gilt, auf sich selbst aufzupassen. Denn nur dann, wenn wir für ausreichend Pausen sorgen, werden wir in der Lage sein, das Arbeitspensum durchzustehen. Der Lehrberuf ist kein Sprint, sondern eher ein Marathon. Wir müssen lernen, uns unsere Energiereserven einzuteilen, denn nur so können wir allen gerecht werden – Schülern*innen, Kollegen*innen, aber vor allem auch uns selbst. Passen Sie also gut auf sich auf.
Abbildungsverzeichnis:
- Abbildung 1: „Alles Gute zum vierten Geburtstag!“ (Quelle: stock.adobe.com), unter: https://stock.adobe.com/images/birthday-cake-with-4-four-candles-on-pastel-blue-background/659633861 (Zugriff: 15.10.2024)
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