Versus Deutsch-Zielsprache und umgekehrt
Jeder hat das herkömmliche Bild von Vokabeltests im Kopf: die Übersetzung von Deutsch in die Zielsprache oder umgekehrt. Diese Vorgehensweise ist jedoch wenig sinnvoll, da der Weg des Fremdsprachenlerners ja eigentlich weg von der Übersetzung im Kopf hin zu einer Denkweise in der Zielsprache führen sollte. Mit der Abfrage von Begriffen und der Aufforderung diese zu übersetzen wird jedoch genau das Gegenteil erzielt.
Systemwechsel
Mir wurde zu Beginn meines Referendariats ein ganz anderes System dargeboten. Hierbei wird vielfältiger gearbeitet. Dies geschieht, indem verschiedene Kategorien abgefragt werden. Zu diesen zählen:
- Synonyme und/oder Antonyme,
- die Erläuterung von Begriffen in einem Satz,
- die Wortfamilie,
- die Konjugation von unregelmäßigen Verben,
- die Verwendung eines der erlernten Begriffe in einem Satz,
- die drei Verbformen: Infinitiv, simple past und past participle,
- ein Bild darbieten und das passende Wort dazu finden lassen. (Dies ist beispielsweise auch mit der Benennung von Körperteilen oder Gesichtsausdrücken möglich),
- ein Bild darbieten und Beschreibungswörter hinzufügen lassen wie “in the background“ etc.
- und, und, und.
Natürlich können auch einige Worte übersetzt werden, aber dies sollte sich in Grenzen halten. Eventuell ist es hier sinnvoller statt der bloßen Übersetzung lieber einen Satz mit einer Lücke anzugeben. In soll dann das jeweils zu übersetzende Wort eingefügt werden. Auf diese Weise können sich die Schüler*innen der Verwendung des Begriffes in einem Satz bewusster werden. Auch lassen manche Lehrkräfte einen Satz statt eines einzelnes Wortes übersetzen. Auf diese Weise muss das jeweils neue Wort direkt im Kontext verwendet werden.
Ich könnte mir bei jüngeren Jahrgängen auch vorstellen, dass ein Satz mit einer Lücke und zwei bis drei verschiedene Worte oder Formen des Wortes angegeben werden. Die Lernenden kreuzen dann das richtige Wort an, welches in die jeweilige Lücke eingefügt werden sollte und/oder schreiben es in diese hinein.
Bei den genannten Kategorien hält es sich um eine Auswahl. Selbstverständlich gibt es mehr. Es ist auch nicht unbedingt ratsam, alle Kategorien in einem Vokabeltest abzufragen. Es kommt hierbei auch auf die Vokabeln an, die die Schüler*innen zu lernen haben.
Hier ein Beispiel für einen Vokabeltest mit Anmerkungen:
Vokabellisten…
Auch wenn in Lehrwerken in der Regel bereits eine Vokabelliste zu finden ist, so ist deren Verwendung im eigenen Unterricht nicht immer sinnvoll. Dies liegt insbesondere daran, dass diese Listen selbstverständlich nicht auf die eigene Klasse zugeschnitten sind. Handelt es sich bei der eigenen Lerngruppe um eine schwache Gruppe mit einem geringen Wortschatz, so benötigen sie beispielsweise mehr Begriffe auf der Liste. Bei einer starken Klasse sollte selbstverständlich anders vorgegangen werden. Ich kann mir allerdings auch vorstellen, eine längere Vokabelliste zu erstellen, von der jedoch nicht alle Begriffe zu lernen sind, die aber umfassend auf die betreffende Unterrichtseinheit eingeht. So können die Lernenden diese stetig konsultieren, aber werden nicht von der Vielzahl der zu lernenden Worte erschlagen.
Ich für meinen Teil erstelle stets eine eigene Liste bzw. Listen für meinen Unterricht. Dabei füge ich neben dem Wort in der Zielsprache und dessen Übersetzung auch noch eine Spalte hinzu, die sich „Synonym/Erklärung“ nennt. Der Titel erklärt sich, denke ich, von selbst: Hier sollen die Schüler*innen entweder ein Synonym oder eine Erläuterung des zu lernenden Wortes angegeben. Auf diese Weise wird ihnen noch viel mehr die Erweiterung ihres eigenen Wortschatzes ermöglicht. Somit verbessert sich ihre Ausdrucksweise – im Mündlichen sowie Schriftlichen -, aber natürlich auch ihr Verständnis von Dokumenten.
Bei jüngeren Klassen empfehle ich für die Begriffe, die später auch im Vokabeltest drankommen, stets auch eine Erklärung anzugeben, denn oftmals können sie so spontan nicht den geforderten Begriff erklären. Dies liegt speziell daran, dass die jüngeren Jahrgänge in der Regel noch nicht über einen ausreichend großen Wortschatz verfügen, um spontan Begriffe erklären zu können.
Mitmachen statt bloßes Informationen aufnehmen – aber Vorsicht…
Anstatt den Schülern*innen eine bereits vorgefertigte Vokabelliste zu präsentieren, können sie auch zum Mitmachen animiert werden. Dies kann auf die Weise geschehen, dass sie als Hausaufgabe die deutsche Übersetzung zu finden haben. Ich warne jedoch davor, dass der Vergleich der Antwortmöglichkeiten im Unterricht unglaublich viel Zeit in Anspruch nimmt oder nehmen kann.
Auch ist der Mehraufwand für die Lehrkraft mitunter größer, da mitunter eine Vielzahl an Übersetzungsmöglichkeiten besteht und die Lehrperson auf diese vorbereitet sein sollte. Präsentieren die Schüler*innen somit verschiedene Übersetzungen, sollte die Lehrkraft auch spontan entscheiden können, ob diese akzeptabel sind oder eben nicht. Sie sollte als Vorbereitung auf eine derartige Stunde viel vorbereiten, um nicht unnötig viel Zeit zu verwenden. Im Referendariat ist es mir bereits passiert, dass ich eine komplette Schulstunde allein für den Vergleich der Übersetzung benötigt habe. Wir sind uns sicher einig, dass das einfach zu viel ist.
Fazit
Insgesamt gilt es, die Lernenden mehr und mehr zu einer Einsprachigkeit zu führen. Insbesondere durch Vokabeltests, in denen die zu lernenden Begriffe auf verschiedenfache Art anzuwenden sind, lässt sich dies besser bewerkstelligen. Hierbei sollte jedoch stetig auf die jeweilige Lerngruppe und deren sprachliches Niveau geachtet werden, da beispielsweise Beginner*innen sprachlich nicht so spontan agieren können wie Fortgeschrittene.
Wird eine vielfältigere Art der Vokabelabfrage in einem Test verwendet und bereiten sich die Lernenden umfassend auf diese vor, so kann man damit rechnen, dass das erlernte Vokabular besser behalten wird, als eine bloße Übersetzung von Deutsch nach Englisch und/oder umgekehrt. Gerade in höheren Klassenstufen ist ein ausgeprägter Wortschatz äußerst wichtig, sowohl für eine bessere Ausdrucksweise als auch ein besseres Verständnis. Aus diesem Grund sollten Vokabeltests mehr Interesse entgegen gebracht werden anstatt diese als notwendiges Übel zu betrachten und diese mit so wenig Überlegung wie möglich zu produzieren und einzusetzen. Ein Mehraufwand lohnt sich.
Schreiben Sie einen Kommentar