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Differenzierung

Das Wort „Differenzierung“ ist im Bildungswesen – neben der Digitalisierung – in aller Munde. Zu recht. Schließlich steigt die Anzahl der Schüler*innen mit individuellen Schwierigkeiten, denen im Unterricht besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Bei uns an der Schule haben sich insbesondere seit Beginn der Corona-Pandemie und des damit verbundenen Onlineunterrichts Lernschwierigkeiten oder Wissenslücken noch deutlicher aufgezeigt. Sich diesen im Unterricht anzunehmen ist zwar nicht immer leicht, aber dennoch in der Regel machbar. Im Rahmen von Leistungsüberprüfungen sieht es da schon anders aus.

Gleiches Recht für alle!?

Abb. 1 „Chancenungleichheit“

Das Problem hierbei ist nämlich, dass wir ja gerecht vorgehen wollen. Dementsprechend gilt zumeist: „Gleiches Recht für alle“. Mit dem Resultat, dass die Noten der Schüler*innen mit Schwierigkeiten häufig katastrophal aussehen. Dies zeigt sich nur allzu deutlich in Abbildung 1, bei der von allen Schülern*innen gefordert wird, die selbe Tätigkeit auszuführen. Dass die Tiere in dieser Abbildung dies nicht (gleichermaßen) umsetzen können, ist für den/die Betrachter*in nur logisch. 

Warum fällt uns dies bei unseren Schülern*innen nicht so leicht? Das Problem ist hierbei, dass sich eventuelle Lernschwierigkeiten zumeist nicht von außen erkennen lassen. Es gilt also hinter die Fassade zu schauen.

Um dem in Leistungsüberprüfungen gerecht zu werden, sollte das eigentliche Ziel sein, dass alle gleichermaßen gefordert werden, sie alle diese Aufgaben aber auch gemäß ihres Niveaus bewältigen können sollten. Denn hierbei können die Schüler*innen schlecht alle über einen Kamm geschert werden. Was also tun?

Stellt man also für alle Schüler*innen die selben Aufgaben, so besteht das Problem oftmals darin, dass es für Schwächere viel zu schwer und für Fortgeschrittene viel zu einfach ist. Die Noten sehen dementsprechend stets mehr oder weniger gleich aus. Schlechte für Schüler*innen mit Lernschwierigkeiten oder anderen Formen von Nachteilen, gute für fortgeschrittene Schüler*innen oder zumindest diejenigen, die (gefühlt) keinerlei Probleme haben.

Für beide Seiten kann es nur demotivierend sein: für die schwachen Schüler*innen, weil ihre individuellen Lernerfolge in dieser Form der Notengebung keinerlei Berücksichtigung finden, und für die starken, weil sie kaum einen Anreiz sehen sich (mehr) anzustrengen.

Leistungsüberprüfung und Differenzierung – Geht das?

Im Rahmen einer Fortbildung im vergangenen Schuljahr wurde eine Methode vorgestellt, wie man – zumindest öfters – die nötige Differenzierung in Leistungsüberprüfungen in der Grund- und Mittelstufe integrieren kann. Es ist zwar keine neue Methode, aber sie war bei mir doch völlig in Vergessenheit geraten. 

Hierbei werden den Schülern*innen im Rahmen einer Leistungsüberprüfung des Lernstoffs einer Unterrichtseinheit eine große Anzahl von Aufgaben gestellt. Die Bepunktung der Aufgaben variiert dabei je nach Schwierigkeitsgrad. Leichte Aufgaben werden beispielsweise mit einem Punkt honoriert. Je nach Schwierigkeitsgrad der anderen Aufgaben können die Lernenden bis zu vier Punkte erreichen.

Der Lehrer, der diese Methode während der Fortbildung ansprach, verwendet diese Form der Differenzierung folgendermaßen: Anstatt dass alle Schüler*innen dieselben Aufgaben bearbeiten, wie es sonst allgemein der Fall ist, wählen sie in diesem Fall diejenigen aus, die sie bearbeiten möchten – und auch können.

Die Vorgabe ist lediglich, dass sie genau zehn Aufgaben bearbeiten müssen. Nicht mehr und nicht weniger. Daraufhin liegt es individuell an den Lernenden, welche Aufgaben sie auswählen. Dabei sollen sie speziell darauf achten, wieviele Punkte sie erhalten können. Wählen sie also zehn Aufgaben aus, die sehr niedrig bepunktet sind, so werden sie natürlich nicht auf die maximale Punktzahl kommen.

Die Vorteile dieser Methode

Von den Schülern*innen wird hierbei verlangt, strategisch zu arbeiten. Lernenden mit erheblichen Schwierigkeiten ermöglicht dies, auch dann eine doch zu einer recht passablen Note zu gelangen, wenn sie das Gelernte nicht komplett wiedergeben können. Denn sonst würden sie eventuell ein halb leeres Blatt abgeben. Individuell kann also beantwortet werden, was man beherrscht. Kann man nicht alles bearbeiten, so wird man hierfür aber nicht direkt bestraft. Schlussendlich kann dies für einige auch als Anreiz dienen, sich besser auf Prüfungen vorzubereiten, da einem bei der Bearbeitung der schwierigeren Aufgaben auch automatisch mehr Punkte gutgeschrieben werden.

Diejenigen, die den Unterrichtsstoff besser beherrschen, können sich aber nicht auf die faule Haut legen, indem sie ausschließlich Aufgaben mit einer höheren Bepunktung auswählen. Sie können also nicht einfach weniger Aufgaben bearbeiten. Auch sie haben sich an die Vorgabe „zehn Aufgaben für alle“ zu halten. Auf diese Art wird sichergestellt, dass auch sie gleichermaßen zum Arbeiten angehalten werden und nicht übermäßig Vorteile haben, weil sie das Wissen besser beherrschen oder ihnen das Fach besser liegt.

Fazit

Die Methode der individuellen Auswahl an Aufgaben in einer Überprüfung finde ich eine gute Idee, da alle Schüler*innen je nach Können – und natürlich auch nach Wissen – auswählen können, was sie bearbeiten. So wird allen Lernenden gleichermaßen signalisiert, dass ihre individuellen Lernerfolge gesehen werden. Es wird nicht von allen dasselbe verlangt. Sie sind nicht dazu gezwungen alle dieselben Aufgaben zu beantworten, um zu einer guten Note zu gelangen. Gleichzeitig kann dies auch ein Anreiz für Schüler*innen sein mehr zu arbeiten, da sie bei einer besseren Beherrschung des Gelernten automatisch auch schwierigere Aufgaben bearbeiten können. Selbstverständlich bin ich mir bewusst, dass bei Schülern*innen mit Lernschwierigkeiten ein zu geringes Arbeiten (oftmals) nicht das Problem ist. Ich spreche hierbei von denjenigen, bei denen die schlechteren Noten ausschließlich auf Faulheit begründet sind.

Abb. 2 „Differenzierung – Jedes Kind hat seine Bedürfnisse“

Bisher habe ich diese Form der Leistungsüberprüfung nach Niveaus noch nicht verwendet, aber ich gedenke, dies in Zukunft zu tun. Schließlich sollten wir nicht vergessen, dass alle Schüler*innen individuell sind – mit ihren Stärken und Schwächen. Wie Abbildung 2 zeigt, sollten sie wie ein Garten mit Blumen betrachtet werden. Denn genauso wie jede Blumenart ihre eigenen Bedürfnisse hat, gilt dies auch für unsere Lernenden. Sich diesem Aspekt anzunehmen, kann somit nur von Vorteil sein, denn nur so können die Schüler*innen gedeihen.

Und Sie?

Mich würde interessieren, ob und wenn ja, wie sie in Leistungsüberprüfungen differenzieren. Was halten Sie von der oben genannten Form der Differenzierung in Leistungsüberprüfungen? Schreiben Sie mir gerne einen Kommentar oder eine private Nachricht. Ich würde mich sehr über Ihre Gedanken und Anmerkungen freuen.

Abbildungsverzeichnis:

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