Der Punkt des Classroom Managements ist ein Bereich, in dem ich selbst nach wie vor Probleme habe. Allgemein sollte die Lehrkraft im Zentrum des Unterrichtsgeschehens stehen und dieses untere Kontrolle haben. Genau das ist jedoch oftmals das Problem. Jede Klasse hat ihre Eigenarten und individuellen Probleme. Das ist unabhängig von der Schulform der Fall; in Schulen mit Schülern*innen aus schwierigen Verhältnissen, aber auch Privatschulen, in denen ich doch mehr Wohlstandsverarmung gesehen habe.
Zwar ist dieses Thema während meines Studiums sowie meines Referendariats behandelt worden, aber meiner Ansicht nach nicht genug. Selbstverständlich hatte ich Fachdidaktik- und Pädagogikveranstaltungen und dies wurde an meiner Universität groß geschrieben. Wie ich aber wirklich die Schüler*innen unter Kontrolle bringe und das Unterrichtsgeschehen „manage“, habe ich erst durch die Praxis begonnen zu begreifen. Ich betone „begonnen“, denn nach wie vor habe ich noch viel zu lernen. Ich kann mir vorstellen, dass ich damit nicht die Einzige bin und genau das ist das Problem.
Der angstfreie Raum
Womit ich am meisten zu kämpfen habe, ist der Umstand, dass der Fremdsprachenunterricht in einem sogenannten „angstfreien Raum“ abgehalten werden soll. Dies bedeutet, dass die Schüler*innen keine Angst davor haben dürfen, sich im Verlauf des Unterrichtsgeschehens in der jeweiligen Fremdsprache zu äußern. Dies ist aber mitunter der Knackpunkt: Die Klasse soll einerseits die Angst verlieren, aber gleichzeitig soll man genügend Strenge zeigen, damit die Schüler*innen nicht völlig undiszipliniert werden. Das gestaltet sich für mich im französischen Schulsystem besonders schwierig, da dies viel stärker als das deutsche Schulsystem auf Disziplin und Strenge fußt. Ich komme langsam besser damit zurecht, aber es ist für mich nach wie vor nicht immer leicht.
Freundlichkeit vs. Strenge?
Wie geht man nun aber vor? Mein Problem ist, dass ich mitunter zu freundlich bin. Oft kann es dann geschehen, dass man den Schülern*innen den sprichwörtlichen kleinen Finger reicht und diese sich das Ganze zu Nutze machen und die ganze Hand ergreifen. Was ich meine ist, dass ich, kaum bin ich zu freundlich, eine Reduzierung der Disziplin seitens der Lernenden beobachten muss. Dadurch wird jedoch die Erläuterung der Fachinhalte bedeutend erschwert. Zusätzlich sind oftmals die Schüler*innen benachteiligt, die wirklich etwas lernen möchten.
Allgemein ist es auch essentiell, Konsequenz walten zu lassen. Es gilt, den Schülern*innen, die eigenen Regeln und Erwartungen offen darzulegen und von diesen auch nicht abzuweichen. Weicht man von diesen immer mal wieder ab und das mitunter vllt. nur bestimmten Schülern*innen gegenüber, so kann dies schnell alles zunichte machen, was man zu Beginn des Schuljahres besprochen hat. Den Schüler*innen merken schnell, wenn man Schwachstellen hat und nicht das umsetzt, was mitgeteilt wurde. Wie erklärt man also, dass man die Regel Schüler x gegenüber durchzieht, aber Schüler y gegenüber Milde walten lässt? Gleiches Recht für alle muss es hier heißen. Seien Sie also konsequent und lassen Sie sich nicht von den Überredungskünsten der Schüler*innen von Ihrem Weg abbringen. Sonst übernehmen schnell die Schüler*innen das Ruder und jegliche Versuche, wieder Regeln einkehren zu lassen, können nur scheitern.
Junglehrer*innen im Nachteil?
Ich mag mich irren, jedoch habe ich oftmals den Eindruck, dass es gerade Lehrkräfte jüngeren Alters nicht immer ganz leicht mit Schülern*innen haben. Altersmäßig ist diese Gruppe von Lehrern*innen den Schülern*innen am nächsten. Tendenziell nutzen die Schüler*innen diesen Umstand aus und sehen die Lehrkraft eher als „Freund“ denn als Respektsperson. Natürlich ist hier nicht wirklich gemeint, dass man in dieser Situation als Freund betrachtet wird, aber tendenziell versuchen die Lernenden hier das Unterrichtsgeschehen auf eine lockere Stufe zu führen. Wer in diese Falle tappt, hat daraufhin oftmals Schwierigkeiten, die Ruhe bzw. Disziplin wieder einkehren zu lassen.
Es scheint mir so, als müssten gerade Junglehrer*innen besonders streng vorgehen, um zu zeigen, „wo der Hammer hängt“. Wem es schwerfällt, stetig streng zu sein, muss dennoch unbedingt vermeiden, zu lasch zu sein. Auf Schülerseite kann dies als Anbiederung gesehen werden und dazu darf es nie kommen. Wer der Klasse quasi Noten schenkt in der Hoffnung, dadurch ein besseres Verhältnis mit den Lernenden zu erzielen, fliegt schnell auf. Ich selbst habe damit keine Erfahrung, aber dies über andere Quellen gehört. In dieser Situation haben sich dann beispielsweise Schüler*innen abseits des Unterrichts über besagte Lehrperson und deren fragwürdigen Unterrichtsstil in negativer Weise unterhalten.
Starte streng.
Als wichtigen Hinweis habe ich bereits im Studium erhalten, dass man besser streng startet und dann die Zügel etwas locker lassen kann. Aber Vorsicht: Locker bedeutet nicht, dass gar keine Disziplin mehr existieren braucht. Schüler*innen benötigen eine Führungsperson und nicht einen weiteren Kameraden. Gemeint ist stattdessen, dass auch mal gelacht werden darf. Nur darf es eben nicht völlig disziplinlos zugehen.
Erneut wird deutlich, dass ich selbstverständlich Ratschläge über meine Ausbildung zur Lehrerin erhalten habe, aber wie man diese umsetzt, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Im Unterrichtsgeschehen gilt für mich eher Learning by doing. Ich versuche einen Weg und entweder dieser funktioniert oder eben nicht. Dann heißt es: weitersuchen. Solange, bis sich eine geeignete Unterrichtsart gefunden hat. Gleichzeitig darf man ein Nichtfunktionieren aber nicht als Scheitern ansehen. Jede Klasse ist nunmal unterschiedlich und spricht auf verschiedene Unterrichtsstile an.
Hauptsache interessante Inhalte?!
Bei Problemen bezüglich des Classroom Managements kommt immer gern die Aussage von gestandenen Lehrkräften oder von Fachdidaktikern*innen, dass die Inhalte einfach nur interessanter zu gestalten sind… Dann würde sich das Interesse seitens der Schüler*innen schon von allein einstellen… Vielleicht liegt es daran, dass ich noch nicht soviel Erfahrung habe wie Lehrkräfte, die diesen Beruf schon seit zehn oder zwanzig Jahren ausüben, aber meiner Ansicht nach ist es gerade in den Fremdsprachen nicht immer einfach.
Die Basis
Ähnlich wie im Matheunterricht baut das Erlernen einer Sprache aufeinander auf: Ohne das Basiswissen ist es praktisch aussichtslos für die Lernenden, ein zumindest ausreichendes Sprachverständnis zu entwickeln. Genau diese Schüler*innen sind es dann, meiner Erfahrung nach, die das Unterrichtsgeschehen durcheinander bringen. Sie verstehen nicht genug, um dem Unterrichtsgeschehen folgen zu können und dadurch beginnen sich sich zu langweilen. Sich über min. 45 Minuten wenn nicht gar 90 Minuten zu langweilen hält eigentlich keiner aus.
Was folgt ist entweder ein vermehrtes Sprechen mit den Sitznachbarn*innen oder eine andere Ablenkungsart. Da kann die geplante Stunde noch so spannend oder interessant aufgebaut sein. Verstehen diese Schüler*innen nichts, so werden sie diese Inhalte wenig ansprechend finden. Behandelt man permanent aber nur die Problemstellen der schwachen Lernenden, so fangen auch die starken Schüler*innen an sich zu langweilen.
Es gilt, einen Mittelweg zu finden. Fachdidaktiker*innen sprechen hier oftmals die Empfehlung aus, die Unterrichtsmaterialien für drei verschiedene Niveaus – schwach, mittel, fortgeschritten – zu konzipieren. Wer bitte schafft das aber immer??? Ich bin schon froh, wenn ich etwas für zwei verschiedene Niveaus erstelle. Meist verändere ich hierbei aber nicht den beispielsweise zu lesenden Text, sondern die dazu gestellten Aufgaben, sodass die Lernenden zwischen den Niveaus wählen können. Bei all den Herausforderungen des Arbeitsalltags gestaltet sich dies jedoch oftmals sehr schwierig, da einfach nicht genügend Zeit zur Verfügung steht. Hilfreich ist es, wenn das Schulbuch bereits Differenzierungen anbietet oder wenn die Lehrkräfte im Team verschiedene Aufgaben ausarbeiten. Diese Möglichkeiten bestehen jedoch nicht überall. Vermutlich sollte man sich damit zufriedenstellen, wenn man immer mal Differenzierungen in den eigenen Unterricht einbaut.
Die bunte Welt des Internets…
Es entspricht der bitteren Realität, dass der Löwenanteil der heutigen Schüler*innen vermehrt an ihrem Handy klebt, sobald der Unterricht vorbei ist. Erwiesenermaßen hat die Vielzahl an Ablenkungsmöglichkeiten, die das Smartphone bereit hält, einen negativen Einfluss auf unser Gehirn. Je mehr wir uns von all diesen Dingen ablenken lassen, desto mehr verlangt das eigene Gehirn nach immer mehr Ablenkung. Somit wird die Aufmerksamkeitsspanne der Schüler*innen stetig kürzer.
(Hierzu bietet sich auch die Lektüre meiner sechsteiligen Zusammenfassung des Buchs Deep Work. Rules for focused success in a distracted world (deutscher Titel: Konzentriert arbeiten. Regeln für eine Welt voller Ablenkungen) von Cal Newport an, da der Autor dieses Werks viel zu den Auswirkungen der vermehrten Verwendung des Internets zu sagen hat.)
Zwar versuchen wir Lehrkräfte stetig, den Unterricht interessanter zu gestalten und mit mehr ansprechenden Ideen zu versetzen. Dieser kann aber bei Weitem nicht an die bunte Welt des Internets mit seinen vielen spannenden Applikationen heranreichen. Für die quasi veränderten Gehirne der Schülerschaft bedeutet dies eine Schwierigkeit, da diese vielen Ablenkungsmöglichkeiten im Unterricht/Schulgeschehen nicht bestehen. Auch dies stellt somit einen Faktor dar, der es für Lehrer*innen schwieriger macht, den Unterricht ansprechend zu gestalten, wo doch stets eine weitere „Konkurrenz“ um die Aufmerksamkeit der Schüler*innen buhlt.
Abschließend
Schlussendlich sollte man sich aber nicht demotivieren lassen, wenn es mal nicht funktioniert. Während meines in das Lehramtsstudium integrierte Praxissemesters wurde mir der Hinweis gegeben, dass es um die zehn Jahre dauert, bis sich die eigene Lehrerpersönlichkeit wirklich entwickelt hat. Selbstverständlich hegt jede Lehrkraft den Wunsch, bereits am Anfang der eigenen Karriere im Lehrbereich „perfekt“ zu sein, aber man darf in dieser Hinsicht keine Luftschlösser bauen.
Wie auch der Untertitel meiner Website besagt, ist noch kein (Fremdsprachen)Lehrer vom Himmel gefallen. Es benötigt einfach Zeit, um in allen Bereichen einigermaßen gut zu sein. Zusätzlich kann ich mir vorstellen, dass es auch nach diesen genannten zehn Jahren immer noch genug zu erlernen gilt – besonders, da der Schulalltag nicht stillsteht und auch die Schulbehörde sich stetig weiterentwickelt und zudem stetig neue Anforderungen an uns Lehrkräfte gestellt werden. Aber auch dies sollte positiv gesehen werden. Stillstand ist insgesamt eher negativ, da sich auch die Schülerschaft entwickelt und wir durch unsere eigene Weiterentwicklung besser auf diese Veränderung eingehen können. Und wie heißt es doch so schön: „Wer rastet, der rostet.“
Abbildungsverzeichnis:
- Abbildung 1: „Classroom Management aus Sicht Matt Groenings“ (Quelle: maxweber.hunter.cuny.edu), unter: http://maxweber.hunter.cuny.edu/eres/docs/eres/EDSPC715_MCINTYRE/BehManCartoons.html (letzter Zugriff: 20. Februar 2021)
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