Es ist noch kein (Fremdsprachen-)Lehrer vom Himmel gefallen.

Der Schweizer Käse des Schulsystems

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Der Stundenplan. Er ist es, der so ziemlich darüber entscheidet, wie der Schulalltag einer jeden Lehrkraft über das Schuljahr hinweg aussehen wird. Dementsprechend ungeduldig – und zum Teil auch mit Sorge – wird dessen Eintreffen jedes Jahr aufs Neue erwartet. So richtig begeistert angesichts des eigenen Stundenplans scheint dabei in den letzten Jahren an meiner Schule kaum jemand zu sein. Zum Teil auch zurecht.

Ewig lange Schultage

Jedes Schulsystem hat so seine Macken. Das ist bekannt. Wie schon oftmals erwähnt, gebe ich Englischunterricht an einer französischen Schule in der Elfenbeinküste. Eines der nervigsten Probleme des französischen Schulsystems ist dabei, dass die Schultage einfach nur unglaublich lang sind. Der allgemeine Schultag dauert hier von 7:30 bis 16:55 Uhr. Mittwochs sind die Schultage zumeist kürzer, aber dort werden die Schüler*innen dazu aufgefordert, AGs oder ähnliche Aktivitäten zu belegen.

Sie können sich sicherlich vorstellen, dass so derartig lange Schultage schlauchen. Da kann man nur zu gut verstehen, dass die Schüler*innen gerade in den letzten Schulstunden nicht mehr komplett einsatzfähig sind. Schon seit einigen Jahren wird mir immer wieder aufs Neue eine neunte Klasse für den Freitag in der allerletzten Stunde gegeben. Der Unterricht und die Arbeitsatmosphäre sind um diese Zeit natürlich ausgesprochen super. Nicht.

Aber nicht nur für die Schülerschaft sind diese nicht enden wollenden Schultage enorm ermüdend – auch das Lehrerkollegium merkt deren energieraubenden Effekt deutlich.

Wie ein Schweizer Käse…

Ein Stundenplan wie ein Schweizer Käse

Doch es ist nicht nur die Länge der Schultage: Es geht auch darum, dass diese in den Stundenplänen vieler Lehrer*innen mehr oder weniger unnötig in die Länge gezogen werden. Obwohl ich grundsätzlich dieses Jahr einen ganz okayen Stundenplan und sogar einen freien Tag die Woche habe, betrifft auch mich dieses Problem. Denn in vielen Stundenplänen gibt es eine Vielzahl an Freistunden, die sich zum Teil einem Schweizer Käse gleich, durch die Woche ziehen.

So habe ich beispielsweise montags nur vier Unterrichtsstunden, aber dennoch dauert mein Arbeitstag von 7:30 bis 16:55 Uhr. Das liegt daran, dass ich morgens die ersten drei Stunden unterrichte (bis 10:40 Uhr), meine vierte und damit letzte Unterrichtsstunde an dem Tag aber erst um 16 Uhr beginnt. Somit warte ich um die fünf Stunden, ehe es weitergeht. Alle zwei Wochen habe ich freitags – Achtung, das wird jetzt etwas lang! – eine Stunde Unterricht, eine Stunde Pause, eine Stunde Unterricht, drei Stunden Pause, eine Stunde Unterricht, eine Stunde Pause und erneut eine Stunde Unterricht. Insgesamt sind es auch dann nur vier Stunden und wieder verbringe ich den kompletten Schultag auf der Arbeit.

Die Zeit nutzen

Da ich diese seltsamen Stundenpläne mehr oder weniger bereits kenne, habe ich über die fünf Jahre in diesem Schulsystem einen Weg gefunden, die freien Stunden gut zu nutzen. Vertretungsstunden gibt es zum Glück nur selten, weshalb ich wirklich frei über diese Stunden verfügen kann. In dieser Zeit sitze ich dann nicht bloß untätig herum. Stattdessen erstelle ich mir für jeden Schultag eine Liste mit den Aufgaben, die ich in den Freistunden erledigen möchte. Diese arbeite ich dann auch konzentriert ab, denn auf diese Weise besteht kaum die Gefahr, noch etwas nach Abschluss des Schultags tun zu müssen.

Zu Hause angekommen, muss ich mich somit nicht mehr um Schulaufgaben kümmern. Das einzige Problem ist das Runterkommen: Bei so langen Schultagen, ist man natürlich nicht von jetzt auf gleich im Feierabendmodus angekommen. Deshalb bin ich an manchen Schultagen noch vom Vortag geschafft. Da schaffe ich dann oft weniger von meiner Liste. Dennoch versuche ich, zumindest die wichtigsten Aufgaben zu erledigen, um möglichen späteren Stress zu vermeiden.

Zur Not bearbeite ich eine Aufgabe, die weniger Konzentration benötigt, von meiner Langzeit-To-do-Liste. Diese besteht aus Aufgaben, die über mehrere Wochen hinweg zu erledigen sind. Je schneller ich diese in Angriff nehme, umso besser. Diese Aufgaben benötigen natürlich unterschiedlich viel Energie. Bin ich vom Vortag noch geschafft und schaffe ich es deshalb nicht, mich ausreichend auf eine schwierigere Aufgabe zu konzentrieren, dann nehme ich etwas, was mich weniger geistige Kraft kostet.

Zu Beginn meiner Tätigkeit hier, bin ich in den längeren Pausen noch nach Hause gefahren. Diese Gewohnheit habe ich aber schnell abgelegt: Denn durch den Fahrtweg verlor ich viel Zeit und zu Hause war ich auch schneller abgelenkt und konnte mich dementsprechend schlechter auf meine Arbeiten konzentrieren. Da bleibe ich lieber in der Schule und bearbeite meine Aufgaben dort.

Geht es nicht auch anders?

Und obwohl ich meinen eigenen Weg gefunden habe, mit diesen vielen Freistunden umzugehen, stellt sich mir doch auch die Frage, ob es nicht auch anders geht. Den Lehrkräften wird am Anfang des Schuljahres sogar die Möglichkeit geboten, Änderungsvorschläge einzureichen. Das bedeutet aber auch, dass sie selbst einen Teil der Aufgaben derjenigen übernehmen müssen, die eigentlich für die Stundenplanerstellung zuständig sind. Denn sie müssen selbst anhand der Stundenpläne der jeweils betroffenen Klasse(n) und der eventuell betroffenen Kollegen*innen herausfinden, ob es eine Möglichkeit gibt, die jeweilige Stunde zu verschieben.

Das habe ich beispielsweise mit der letzten Stunde am Montag versucht. Da es sich aber um einen Kurs handelt, der aus Schülern*innen zweier verschiedener Klassen besteht, stellte sich dieses Unterfangen als sehr schwierig vor. Mein Änderungsvorschlag wurde dann wenig überraschend auch nicht angenommen.

Ich kann ja schon froh sein, dass ich überhaupt einen freien Tag habe. Einige Kollegen*innen haben das hingegen nicht und müssen sogar jeden einzelnen Schultag bis 16:55 Uhr in der Schule bleiben. In dieser Zeit wird es nur wenig möglich sein, noch andere Aufgaben außerhalb der Schule zu erledigen.

Natürlich verstehe ich, dass die Erstellung von Stundenplänen und das noch dazu für das ganze Kollegium einer Schule nicht einfach ist. An anderen Schulen habe ich aber auch gesehen, dass es aber möglich ist, Stundenpläne so zu gestalten, dass die Lehrer*innen nicht ihre komplette Zeit in der Schule verbringen müssen und sich ihre Arbeitszeit außerhalb des Unterrichtsgeschehens sogar selbst einteilen können. Das muss doch auch hier möglich sein, denke ich mir da…

Abschließend…

An dem Stundenplan für dieses Jahr kann ich jetzt natürlich nichts mehr ändern. Ich kann nur angemessen auf diesen reagieren, indem ich die vielen Freistunden optimal nutze. Ich hoffe aber dennoch für die Zukunft, dass die nächsten Stundenpläne mal so gestaltet werden, dass die Lehrkräfte nach dem eigentlichen Unterrichtstag wirklich ihre Energiereserven wieder auffüllen können, um den nächsten Schultag gut durchleben zu können. Es reicht nicht, wenn das stets erst während der Schulferien möglich ist. Die Hoffnung stirbt auf jeden Fall zuletzt.

Mich würde nun noch interessieren, wie es an Ihrer Schule läuft. Ist das Kollegium allgemein mit den Stundenplänen zufrieden oder stellen diese stattdessen jedes Jahr ein neues Ärgernis dar? Schreiben Sie mir gerne einen Kommentar hier auf der Seite oder schicken Sie mir eine Nachricht. Ich würde mich sehr freuen.

Abbildungsverzeichnis:

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„Ihre Vokabeltests fehlen mir.“

  1. Ich habe vo recht kurzer Zeit die Schule gewechselt und kann in dieser Hinsicht noch nichts zu meiner neuen Schule sagen, aber bei der alten war es so. Da hatte ich immer das Gefühl, und habe es auch teilwiese mitgekriegt, dass sich die Zuständigen beim Erstellen der Pläne sehr viel Mühe gegeben haben. Dennoch gab es natürlich immer wieder Lücken, und natürlich waren auch immer manche unzufrieden, aber insgesamt war die Zufriedenheit hoch. Ich war immer zufrieden, aber auch leicht zufrieden zu stellen. Bei unterhälftiger Teilzeit gab es manchmal Probleme, aber das liegt am System. – Wir hatten bei uns aber auch nicht so viel Nachmittagsunterricht, und das meiste in Doppelstunden organisiert. Ob das bessere Pläne gibt, weiß ich nicht. Ich hatte bei um die 20 Stunden Unterricht immer so vier Stunden Lücke, eine gefüllt durch Präsenz und eine durch Sprechstunde.

    • Laerari

      Das klingt traumhaft. Von nur vier Stunden Lücke kann ich derzeit nur träumen: Von Woche zu Woche habe ich entweder elf oder sogar 13 Freistunden. Das ist schon nicht ohne.
      Und ja, allen recht machen, kann es ja wirklich nicht. Wenn aber zumindest der Großteil (recht) zufrieden ist und man auch merkt, dass sich da wirklich jemand Mühe gibt, dann ist das Ziel ja eigentlich so gut wie erreicht, meine ich.
      Bist du denn mit deinem Stundenplan an der neuen Schule zufrieden?

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