Ein Traum aller Lehrer*innen?!
Robin Williams in „Der Club der toten Dichter“, Michelle Pfeiffer in „Dangerous Minds – Wilde Gedanken“ und Hilary Swank in „Freedom Writers“ – sie alle verkörpern in diesen Filmen Lehrkräfte, die ihren Schülern*innen auf unkonventionelle Art und Weise verhelfen, zu begeisterten Lernern*innen zu werden. Im Grunde genommen handelt es sich hierbei um einen grundlegenden Wunsch vieler Lehrpersonen: durch die eigene Art die Unterrichtsinhalte aufzubereiten und darzubieten alle Schüler*innen zum Mitmachen zu begeistern.
Mehr Wunsch als Wirklichkeit
Gerade hier zeigt sich das Problem, denn es handelt sich hierbei doch viel mehr um einen Wunsch als um Wirklichkeit. Selten gelingt es uns, wirklich alle Lernenden derart zu begeistern. Da kann Ihr Unterricht noch so ein Feuerwerk an Methoden beinhalten. Sie werden immer jemanden finden, der sich beschwert bzw. nicht mitarbeiten möchte. Da hilft auch die offizielle Ansage nichts, dass wir alle „mit ins Boot holen sollen“, die immer und überall gepredigt wird.
Noch dazu haben wir einen Lehrplan zu beachten und sind dazu verpflichtet, bestimmte Inhalte zu behandeln. Dies lässt nicht unbedingt besonders viel Spielraum. Einigen Lehrkräften gelingt dies trotz all dieser offiziellen Vorgaben. Wenn diese dann davon berichten, wie leicht dies doch sei, so kann dies bei allen anderen schnell zu Minderwertigkeitskomplexen führen. Schließlich suggeriert ihnen dies, dass sie etwas falsch machen und dementsprechend nicht gut genug sind. Diese Denkweise sollte aber tunlichst unterlassen werden.
Seien wir einmal ehrlich
Natürlich: Die Idee, die Lehrkraft zu sein, die die lernfaulen und unbelehrbaren Schüler*innen „bekehrt“ und zu der dann alle bewundernd aufschauen und um deren Rat bitten, klingt schon phantastisch. Diese ist jedoch in der Realität meist nicht haltbar.
Es ist einfach so, dass einige Schüler*innen keine Lust dazu haben zu lernen. Wenn es bereits Kinder in der ersten Klasse gibt, die so wenig wie möglich tun und auch schon in den ersten paar Wochen der Schulzeit ihre Aufgaben nur widerwillig bewältigen, so erweist sich die These, dass alle Kinder von Grund auf lernen wollen, hier doch als wenig haltbar. Da mag man noch so viel differenzieren und für eine große Anzahl an Scaffoldingangeboten sorgen. Einige möchten einfach nicht. Hören wir also auf, uns selbst dafür die Schuld in die Schuhe zu schieben. Die Lernresistenz anderer als ein Versagen der eigenen Person zu erachten, kann schnell dafür sorgen, dass wir uns unnötig erschöpfen.
Engagement und Energiereserven
Selbstverständlich soll das zuvor Gesagte nicht bedeuten, dass wir uns nicht in unserem Unterricht dafür engagieren sollen, dass Lernangebote für alle zur Verfügung stehen. Natürlich sollen wir dies. Denn wenn Schüler*innen merken, dass es jemandem eigentlich egal ist, ob sie lernen oder nicht, dann kann die Stimmung schnell kippen. Unsere Klassen benötigen die Gewissheit, es bei ihren Lehrern*innen mit Menschen zu tun zu haben, die sich um sie sorgen und ihnen dabei behilflich sein wollen, besser zu werden.
Dennoch sollten wir aufhören, uns stetig unter Druck zu setzen, wirklich alle einzelnen Schüler*innen zu interessierten Lernern*innen „bekehren“ zu wollen. Wenn wir stetig diesem Bestreben folgen, so kann schon ein*e desinteressierte*r Schüler*in zu einem riesigen Problem werden. Schließlich steht diese/r ja dem Erreichen des eigenen Ziels im Wege.
Wir können es nicht allen recht machen
Der Versuch, es allen recht machen zu wollen, die keine Lust auf das Lernen haben, kann also schlussendlich zu einer völligen Erschöpfung führen. Insgesamt können wir nur ein gewisses Ausmaß an zusätzlicher Arbeit bewerkstelligen. Ab einem gewissen Punkt muss auch mal Schluss sein. Was wäre, wenn alle Schüler*innen so wären? Sollten wir dann für jede Person individuell Material erstellen? Das wäre niemals oder kaum zu schaffen. Zumindest nicht, ohne dabei an allen anderen Enden zu sparen (Privatleben, Schlaf, …). Dementsprechend müssen wir auch selbst schauen, wann es genug ist. Sonst stiehlt dies zwangsläufig zu viel Energie. Möchten wir unseren Schülern*innen einen guten Unterricht bieten und optimal auf sie eingehen können, ist eine Lehrperson mit ausreichend Energie viel wichtiger als ein noch so toll gestaltetes und individuell angepasstes Arbeitsblatt.
Am Essentiellsten ist es doch eigentlich, dass wir genügend Lernangebote zur Verfügung stellen. Haben wir hierfür gesorgt, so haben wir uns selbst nichts vorzuwerfen. Schließlich haben wir unseren Teil getan. Daraufhin kommt es auf die Schüler*innen an, dies auch anzunehmen. Tun sie dies nicht oder nur widerwillig, so liegt es nicht an uns. Wir können ihnen lediglich helfen, das in der Sammlung an Lernangeboten passende für sie zu finden.
Wir sollten uns insgesamt den Druck nehmen, die perfekten Lehrer*innen sein zu wollen. Wer stetig in diese Richtung strebt, wird diesen Beruf nicht lange durchhalten können. Mir wurde diesbezüglich schon während des Studiums der Tipp gegeben anzustreben, in jeder Klasse ca. alle zwei Wochen mal etwas außergewöhnliches zu machen. Mehr ist zeitlich oftmals gar nicht möglich.
Abschließend…
Es lässt sich abschließend festhalten, dass die Aufforderung, alle Schüler*innen mit „ins Boot zu holen“, zwar gut ist, aber uns gleichzeitig nicht zu einer völligen Erschöpfung führen darf. Insgesamt geht es darum, sein Bestes zu geben, alle mit einzubeziehen, ohne sich dabei völlig zu verausgaben. Eine Lehrkraft ist viel mehr wert, wenn sie ausgeruht und fit ist, als wenn sie den Unterricht auf jede einzelne Person ausgelegt und sich dabei völlig erschöpft hat. Haben wir es trotz eines breitgefächerten Lernangebots dennoch mit Schülern*innen zu tun, die dieses nicht annehmen und nicht oder nur widerstrebend ihre Arbeit tun, so müssen wir dies schlussendlich aber auch akzeptieren lernen. Denn auch Lehrkräfte haben nicht mehr Energie zur Verfügung stehen als andere Menschen. Mit dieser gilt es also gut hauszuhalten, um nicht auf ein völliges Ausbrennen hinzusteuern.
Abbildungsverzeichnis
- Abbildung 1: „Robin Williams, Michelle Pfeiffer und Hilary Swank als Lehrer*innen“, eigene Darstellung basierend auf:
- Clark, Greg (15.08.2014): „Robin Williams in Der Club der toten Dichter“ (Quelle: Goldstar Teachers), unter: https://goldstarteachers.com/dead-poets-society-disciplinarian-type-teacher/ (Zugriff: 18.11.2021)
- Zanin, Andrea (o.D.): „Michelle Pfeiffer in Dangerous Minds – Wilde Gedanken (Quelle: Our Fireside Stories), unter: https://ourfiresidestories.com/2021/04/21/michelle-pfeiffer-wannabe/ (Zugriff: 18.11.2021)
- „Hilary Swank in Freedom Writers“ (Quelle: NetflixMovies), unter: https://www.netflixmovies.com/freedom-writers-2007 (Zugriff: 18.11.2021)
- Abbildung 2: „Man kann es nicht allen recht machen“ (Quelle: Spruch des Tages), unter: https://www.spruch-des-tages.de/sprueche/wenn-du-versuchst-es-allen-recht-zu-machen-dann-hast-du-mit-sicherheit-einen-vergessen-dich (Zugriff: 20.11.2021)
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