Mit Sicherheit haben Sie mitbekommen, was Bill Gates vor Kurzem zum Einfluss Künstlicher Intelligenz auf die Entwicklung des Arbeitsmarkts verlautbaren ließ. Wenn nicht, hier eine Kurzversion des Gesagten: Seiner Meinung nach werden lediglich drei Berufsfelder nicht von KI betroffen sein. Dabei handelt es sich um Arbeiter*innen in der Energieindustrie, einige Fachkräfte im Gesundheitswesen und – Überraschung! – KI-Spezialisten (cf. Smith 09.01.2025). Wenn Sie mich fragen, klingt eine Welt, in der fast alles von KI beeinflusst wird, trostlos. Sie werden schnell verstehen, warum.
Und wir Lehrkräfte?
Worüber nach diesen Aussagen Bill Gates‘ weniger gesprochen wird, ist der Umstand, dass er auch für das Lehrwesen deutliche Veränderungen durch KI vorhersieht. Bildung werde es immer noch geben, aber das Lernen werde viel mehr von den Lernenden selbst gesteuert. Und diese Veränderung sieht er bereits in den nächsten fünf bis zehn Jahren kommen.
Bill Gates sieht den Wandel des Unterrichts in einem positiven Licht. Er meint, dass der Unterricht viel mehr auf die individuellen Lernprozesse zugeschnitten werden könnte. Lernstile und persönliche Bedürfnisse könnten viel stärker mit einbezogen und der Unterricht dadurch effektiver und interessanter werden (cf. ibid.). Um für mehr Gleichberechtigung zu sorgen, könnte sich dies in der Tat als positive erweisen.
Doch stellt sich mir auch die Frage, was das für uns Lehrkräfte bedeutet. Werden wir nur noch Anleiter*innen für Lernprozesse sein? Bisher habe ich immer geglaubt, oder mir zumindest eingebildet, dass wir Lehrkräfte – vor allem durch unsere Fähigkeit zur Empathie und zur Didaktisierung von Unterrichtsmaterialien – unersetzbar sind.
So langsam beginne ich aber doch daran zu zweifeln. In einer Schule in Delmenhorst kommt schließlich bereits ein humanoider Roboter zum Einsatz. Der Lehrermangel macht‘s möglich.
Ist der Fremdsprachenunterricht obsolet?
Ein Kollege, der Spanisch unterrichtet, stellte mir vor Kurzem die Frage, ob wir, meiner Meinung nach, in der Zukunft weiterhin Fremdsprachen lernen und vor allem lehren werden. Angesichts immer ausgeklügelter Apparate, die Sprachen eins zu eins übersetzen können, zweifle er nämlich daran.
Mein Gegenargument war bisher folgendes: Kulturelle Aspekte spielen in der Übersetzung oftmals auch eine Rolle. Und die können bei der bloßen Übersetzung einer Aussage von einer Sprache in eine andere nicht einfach außer Acht gelassen werden. Ohne das nötige Hintergrundwissen kann es da schnell zu Missverständnissen kommen. Dies könne eine Maschine nicht bewerkstelligen. Dachte ich zumindest. Der Fremdsprachenunterricht wäre somit unbedingt nötig, um dieses Wissen zu vermitteln. Dachte ich ebenfalls.
Doch das Gegenargument meines Kollegen hat mich eines Besseren belehrt: Chatbots wie ChatGPT können nämlich inzwischen zielgenauere Recherchen vornehmen, wenn man beispielsweise darum bittet, dass sich diese auf ein bestimmtes Land konzentrieren sollen. Auf diesem Weg können sie auch kulturelle Aspekte mit in die gewünschte Antwort einfließen lassen. Wenn ChatGPT und andere Chatbots dazu in der Lage sind, so werden auch Übersetzungsprogramme diese Fähigkeit bald integrieren können.
Und was ist nun mit uns?
Was bedeutet das nun aber für uns? Ich finde die Idee, dass fast alle Berufszweige von Künstlicher Intelligenz beeinflusst werden könnten, äußerst traurig. Das würde unsere Zivilisation ja gründlich auf den Kopf stellen, und vor allem auch äußerst grau malen. Das klingt alles so langweilig. Wenn das Künstliche dominiert, was bleibt dann noch? Was der Mensch produziert, scheint von geringerem Wert zu sein.
Vielleicht sehe ich die Dinge auch zu schwarz. Denn, wie zuvor beschrieben, könnten Lernende höchstwahrscheinlich besser in ihren Lernprozessen unterstützt werden. Und das sollte für uns Lehrkräfte ja schließlich oberstes Ziel sein.
Doch angesichts von Aussagen wie denen von Gates, die einem gewissen Wahrheitsgehalt nicht entbehren, kann ich mich nicht von einer gewissen Sorge angesichts der Zukunft freimachen. Es klingt, als wäre alles nur noch da, um der Maschine zu dienen und diese zu füttern. Wie ein Nimmersatt, der, ungleich der gleichnamigen Raupe, nicht auf eine Transformation in einen wunderschönen Schmetterling hinarbeitet, sondern uns transformiert. Und im Endeffekt sind es wir Menschen, die diese Maschine ursprünglich kreiert haben, die nun ihren Platz in dieser von KI dominierten Welt finden müssen.
Ich hoffe sehr, dass wir Menschen einen Weg finden werden, uns unsere Werte zu erhalten. Als Lehrkraft hoffe ich zudem sehr, dass der Nutzen einer Lehrkraft (wieder) mehr gesehen wird und wir uns nicht nach einer neuen Tätigkeit umsehen müssen, weil KI uns ersetzt hat.
Quellenverzeichnis:
- Smith, Noah (09.01.2025): „,Only three jobs will survive AI‘: Bill Gates paints a grim picture for the future of work“, JasonDeegan, unter: https://jasondeegan.com/only-three-jobs-will-survive-ai-bill-gates-paints-a-grim-picture-for-the-future-of-work/ (letzter Zugriff: 09.01.2025).
Abbildungsverzeichnis:
- Abbildung 1: Bill Gates und künstliche Intelligenz (Quelle: warpnews.org), unter: https://www.warpnews.org/artificial-intelligence/bill-gates-solutions-to-potential-ai-problems/ (letzter Zugriff: 09.01.2025).
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