Die Fledermäuse des Plateaus
Jeden Abend, wenn die Dämmerung einsetzt, bedeckt sich der Himmel über dem Stadtteil Abidjans Le Plateau mit Schwärmen von Fledermäusen. Dabei sprechen wir nicht von einigen hunderten Fledermäusen. Nein, zu Zehntausenden fliegen sie über das Geschäftsviertel hinweg. Sie fliegen zurück zum circa 10 km-entfernten Banco-Wald, von dem ich bereits in meinem Artikel „Abidjan – Die Perle der Lagune“ berichtete. Dort fressen sie sich dann die ganze Nacht über mit Insekten, Früchten und Blumen voll (cf. ADF 09.05.2022).
Von diesem aus fliegen sie dann morgens wieder zum Geschäftsviertel. Da die Fledermäuse zu Arbeitsbeginn in dem Viertel auftauchen und zur Zeit des Feierabends wieder davonfliegen, erscheint es, als würden auch sie zu den Angestellten gehören, die hier arbeiten.
In Le Plateau hängen sie den ganzen Tag über an Bäumen und machen ordentlich Lärm. Das hört sich für meine Ohren witzig an, aber die Beschäftigten dort sind nicht unbedingt der gleichen Meinung. Und das bringt uns zu der schwierigen Situation, in der sich die Fledermäuse seit einiger Zeit befinden.
Gefahr für die Fledermäuse
Inzwischen sind die Fledermäuse nämlich in Gefahr. Im Jahr 2020 betrug deren Anzahl noch bis zu einer Million (cf. ADF 09.05.2022). Seitdem ist deren Zahl aber drastisch gesunken. Bis zur Hälfte der Population scheint in andere Gebiete abgewandert zu sein (cf. ibid.). Gründe hierfür sind die Urbanisation, wodurch Bäume gefällt werden, und die Wilderei, denn ja, in der Elfenbeinküste werden Fledermäuse gejagt und verzehrt, auch wenn deren Jagd zum Teil illegal ist.
Die Wichtigkeit der Fledermäuse
Dabei spielen Fledermäuse eine wichtige Rolle in der Nahrungskette. Denn dadurch, dass sie enorm viele Insekten fressen, verhelfen sie den Landwirten*innen tatsächlich dazu, deutlich weniger für Pestizide auszugeben (cf. ibid.). Noch dazu helfen Fledermäuse bei der Fortpflanzung einer Vielzahl von Pflanzen. Dazu gehört der Iroko-Baum, dessen Holz weltweit zur Herstellung von Luxusmöbeln verkauft wird und der in Westafrika durch die übermäßige Abholzung bedroht ist (cf. ibid.).
Gegner*innen
Wie gesagt, sind nicht alle der gleichen Meinung, was den Geräuschpegel der Fledermäuse angeht. Einige Menschen haben sich darüber beschwert, dass sie zu viel Lärm machen würden und Autos aber auch Passanten mit ihren Ausscheidungen beschmutzen (cf. AfricaNews 08.03.2021). Durch Petitionen wurden die Behörden zum Handeln gezwungen, woraufhin tatsächlich Bäume gefällt wurden (cf. ibid.). Natürlich ein sicheres Mittel, um die Fledermäuse vom Plateau zu verscheuchen.
Angst vor Krankheitserregern
Noch dazu fürchten sich viele Menschen auch vor Krankheiten, die von Fledermäusen auf Menschen übertragen werden, da sie dafür bekannt sind, viele Krankheitserreger in sich zu tragen (cf. AfricaNews 08.03.2021). Dazu gehört das Ebola-Virus, welches wahrscheinlich durch Fledermäuse verbreitet wurde. Allerdings nicht in Le Plateau, wo nur ein einziger Fall verzeichnet wurde (cf. ADF 09.05.2022).
Trotz der Risiken werden die Fledermäuse weiterhin verzehrt. Die Jagd auf die Tiere findet in Le Plateau vor allem am Wochenende statt, wenn das Viertel, in dem sich hauptsächlich Büros und Schulen befinden, leer ist und die Wilderer ungestört operieren können (cf. AfricaNews 08.03.2021).
Insgesamt ist deren Fortbestand natürlich unerlässlich, um das Ökosystem aufrechtzuerhalten.
Das, was da so schwarz an den Bäumen hängt, sind die Fledermäuse.
Ich möchte Sie hier aber nicht mit diesen besorgniserregenden Informationen zurücklassen. Deshalb habe ich hier noch etwas Interessantes und auch Mysteriöses:
Afrikanische Mythen rund um Fledermäuse
Es gibt wohl kaum einen Teil der Erde, der so viele Geschichten und Mythen bereithält wie der afrikanische Kontinent. Auch um die Fledermäuse ranken sich einige Legenden. Diejenige, die ich Ihnen heute vorstellen möchte, hängt nicht speziell mit den Fledermäusen des Plateaus zusammen, sondern wird in dem gesamten Gebiet der Elfenbeinküste erzählt, aber auch darüber hinaus.
L‘Asanbosam oder Sasanbonsam, der Fledermausmann
In der Folklore der Akan-Völker, insbesondere der Ashanti in Ghana und an der Elfenbeinküste aber auch in Togo wird von einer menschlichen Kreatur berichtet, die fledermausähnliche Züge hat. Diese wird „Asanbosam“ oder aber „Sasanbonsam“ genannt. Einige Quellen besagen, dass es sich nicht um die gleiche Kreatur handelt, andere machen da keinen Unterschied.
Das Aussehen
Diese Kreaturen sollen rosa Haut, (lange) rote Haare, eiserne Zähne und hakenartige Füße besitzen. Sie haben Flügel, die um die sechs Meter lang sind. Manche sagen auch, dass diese Kreatur einen Bart besitzt (cf. GhanaWeb 24.03.2024). Andere beschreiben auch, dass sie sogar mit Hörnern ausgestattet ist (cf. Holiday 11.01.2010).
Das Aussehen unterscheidet sich von Quelle zu Quelle leicht, natürlich insbesondere dann, wenn die beiden Namen für unterschiedliche Wesen verwendet werden. Alle erzählen aber von eisernen Zähnen und hakenartigen Füßen.
Die Asanbosam oder Sasanbonsam sollen in Bäumen leben. Mit den Füßen können sie sich dementsprechend ausgesprochen gut an Äste hängen – natürlich mit dem Kopf nach unten wie Fledermäuse.
Das Verhalten
In der Mythologie wird ihnen die Rolle zugeschrieben, vor den gefährlichen Wesen, die in den Wäldern lauern können, zu warnen. Sie sollen Menschen aus der Höhe angreifen, die in ihr Gebiet, die Wälder, eindringen. Das können Vorbeigehende oder Jäger sein. Zum Teil wird auch erzählt, dass sie sich sogar von Menschen ernähren. Es gilt also, sich von diesen Wesen fernzuhalten.
In einer Quelle wird berichtet, dass der Asanbosam oder Sasanbonsam mit dem Bösen in Verbindung gebracht wird und manche gehen sogar soweit, ihn als Luzifer oder den Teufel persönlich zu beschreiben (cf. Ghanaweb.com).
Die Kreatur in der Welt der Künste
Eines der Artefakte des British Museum in Großbritannien ist eine ca. 41 cm hohe Holzfigur mit Namen „Sasabonsam“, die zum ersten Mal 1925 und dann erneut 1935 vom ghanaischen Künstler Osei Bonsu (1900-1977) geschnitzt wurde. Die Figur von 1935 ist diejenige, die im British Museum beherbergt wird. Obwohl nicht alle Quellen etwas zu Hörnern sagen, so soll diese Figur eine gute Darstellung der Kreatur sein (cf. The British Museum (o.D.).
Quellenverzeichnis:
- ADF (09.05.2022): Les Chauves-Souris d‘Abidjan font à un futur problématique. Africa Defense Forum, unter: https://adf-magazine.com/fr/2022/05/les-chauves-souris-dabidjan-font-face-a-un-futur-problematique/ (Zugriff: 29.04.2025).
- AfricaNews (08.03.2021): Les chauves-souris du Plateau d‘Abidjan menacées, unter: https://fr.africanews.com/2021/03/08/les-chauves-souris-du-plateau-d-abidjan-menacees/ (Zugriff: 29.04.2025).
- Contibutors to Noobs Guide to Necromancy Wiki (o.D.): Asanboasam, unter: https://noobs-guide-to-necromancy.fandom.com/wiki/Asanbosam (Zugriff: 22.04.2025)
- Encantada (25.11.2024): Mythologie akan, in: Un Monde de Chimère, unter: https://unmondedechimere.wordpress.com/2023/09/13/mythologie-akan/ (Zugriff: 22.04.2025)
- GhanaWeb (24.03.2024): See the first carved image of „Sasabonsam“ located in the British Museum, unter: https://www.ghanaweb.com/GhanaHomePage/NewsArchive/See-the-first-carved-image-of-Sasabonsam-located-in-the-British-Museum-1922890 (Zugriff: 22.04.2025).
- Gods and Monsters (27.09.2024): Asanbosam, unter: https://godsandmonsters.info/asanbosam/ (Zugriff: 22.04.2025).
- Holiday (11.01.2010): Asanbosam and Sasabonsam. Vampires, unter: https://www.vampires.com/asanbosam-and-sasabonsam/ (Zugriff: 29.04.2025).
- The British Museum (o.D.): figure, unter: https://www.britishmuseum.org/collection/object/E_Af1935-1212-1 (Zugriff: 30.04.2025).
Abbildungsverzeichnis:
- Abbildung 1: „Die Fledermäuse auf dem Weg zum Banco-Wald“, eigene Darstellung.
- Abbildung 2: „Die Fledermäuse im Plateau-Viertel“, eigene Darstellung.
- Abbildung 3: „Die Holzfigur Sasabonsam“ (Quelle: GhanaWeb), unter: https://www.ghanaweb.com/GhanaHomePage/NewsArchive/See-the-first-carved-image-of-Sasabonsam-located-in-the-British-Museum-1922890?gallery=1 (Zugriff: 22.04.2025).
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